Die Schweiz hat ein seltsames Problem: Haushalte, Gewerbe und Industrie sparen zu viel Wasser. Der Pro-Kopf-Verbrauch sank in den letzten 15 Jahren um 26 Prozent. Der tägliche Leitungswasserkonsum pro Person lag im Jahr 2014 um 104 Liter tiefer als im Jahr 2000 (siehe Grafik). Das zeigt die Statistik des Schweizerischen Vereins des Gas- und Wasserfaches SVGW. Grund sind vor allem effizientere Geräte wie Geschirrspüler, WCs oder Spar-Duschköpfe.
Kehrseite der erfreulichen Sparsamkeit: Je weniger Wasser verbraucht wird, desto länger bleibt es im Verteilnetz und umso weniger frisch kommt es aus dem Hahn. Das Wasser kann gar verkeimen, weshalb mehrere Wasserversorger die Leitungssysteme mit grossen Wassermengen durchspülen mussten.
«Wassersparen ist nicht notwendig»
Paul Sicher, Sprecher des Vereins des Gas- und Wasserfachs, sagt: «Wir erachten Frischwassersparen als nicht notwendig.» Wasser abstellen beim Zähneputzen könne allenfalls pädagogisch sinnvoll sein. Es lohne sich aber, Warmwasser und somit Energie zu sparen. Auch solle man kein Wasser verschwenden. «Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel.»
Vor allem kleinere Gemeinden reagieren nun auf den sinkenden Verbrauch: «Die Einnahmen im Bereich der mengenabhängigen Gebühren sinken», schreibt die Gemeinde Aadorf TG. Doch der Grossteil der anstehenden Investitionen würde unabhängig vom Verbrauch anfallen. Um die Erneuerung der Trinkwasserversorgung zu finanzieren, will der Gemeinderat Aadorf deshalb per 1. Juli 2016 die Tarife erhöhen: Der Kubikmeterpreis (1000 Liter) soll bei Fr. 1.20 bleiben, die Grundgebühr sich jedoch von 130 auf 260 Franken verdoppeln.
Das ist kein Einzelfall: Die Gemeinde Rohr SO erhöhte auf 1. Januar den Kubikmeterpreis von 3 auf 4 Franken. Die Grundgebühr bleibt bei 100 Franken. Tarifaufschläge gab es auf Jahresbeginn auch in Oberlangenegg BE, Brünisried FR und Scherz AG. Die Gemeinden führen Investitionen ins Trinkwassersystem sowie Rückstellungen für dessen Werterhalt als Gründe an.
Die Wassergebühren variieren je nach Gemeinde stark. Sie dürfen jedoch nur kostendeckend sein. Gewinne sind nicht erlaubt. Da der örtliche Wasserversorger ein Monopol hat, kann der Preisüberwacher die Gebühren überprüfen: Verbindlich verfügen kann er tiefere Tarife aber nur, wenn ein ausgegliedertes Wasserwerk oder ein Gemeindeverband das Wasser liefert. Legt die Gemeinde den Tarif fest, kann er eine Senkung nur empfehlen.
So senkte die Wasserversorgung Derendingen SO nach Intervention des Preisüberwachers die Grundgebühr für Wohnungen rückwirkend per 2014. Kloten ZH jedoch ignorierte 2014 die Empfehlung und beschloss einen Tarifaufschlag von 17 Prozent – obwohl die Wasserversorgungsrechnung im Vorjahr mit einem Gewinn abschloss, der laut dem Preisüberwacher um 496 918 Franken über der theoretisch gerechtfertigten Summe für Gebühren lag.
Was wie viel Wasser braucht
- Tropfender Wasserhahn: bis zu 20 Liter pro Tag
- WC-Spülung: Kurzspülung 3 Liter, Vollspülung 9 Liter
- Duschen: Sparbrause 9 Liter pro Minute, Maximalbrause bis zu 18 Liter pro Minute
- Vollbad: 160 bis 200 Liter
- Waschmaschine: 30 bis 40 Liter pro Waschgang
- Geschirrspüler: 10 bis 15 Liter pro Waschgang