Sportgeschäfte preisen die Vorteile von Wanderstöcken mit vollmundigen Versprechen an. Transa etwa schreibt auf der Internetseite, Stöcke würden «in steilem Gelände für mehr Sicherheit» sorgen. Und der Migros-Fachmarkt Sport XX behauptet, Wanderstöcke würden «für mehr Stabilität und Sicherheit am Berg» sorgen.
Das scheint viele Leute zu überzeugen: Gemäss der Beratungsstelle für Unfallverhütung hatten im vergangenen Jahr 40 Prozent der Berggänger Stöcke dabei. Doch Fachleute warnen, dass Wanderstöcke ihre Benutzer in scheinbarer Sicherheit wiegen würden. Forscher der Universität Innsbruck (A) befragten im letzten Jahr 400 Wanderer, die in den Bergen gestürzt waren. Resultat: Mehr als die Hälfte von ihnen war mit Wanderstöcken unterwegs. Die Stöcke konnten die Stürze nicht verhindern.
Problem 1: Viele stützen sich zu stark auf die Stöcke ab
Auch in der Schweiz gab es solche Fälle. So verunglückte etwa 2020 eine 49-jährige Frau im Kanton Uri tödlich: Sie rutschte mit einem Wanderstock ab, verlor das Gleichgewicht und stürzte einen Hang hinunter.
Ein Hauptproblem der Stöcke ist: Viele Wanderer stützen sich vor allem in heiklen Bergpassagen zu stark auf die Gehhilfen ab. Der Zürcher Hausarzt Thomas Walser warnt: «So verlernt man, die Balance zu halten.» Auf einem schmalen Grat oder auf engen, steinigen und abschüssigen Stellen kann das zum Problem werden. «Man strauchelt dann eher», sagt Walser.
Problem 2: Hände sind nicht frei, um sich im Notfall zu halten
Ein weiteres Problem: Wer ständig Stöcke in den Händen hält, hat die Hände nicht frei, um sich abzustützen oder zu halten. Marc Kipfer von der Beratungsstelle für Unfallverhütung rät deshalb, die Stöcke in schwierigem Gelände gar nicht erst einzusetzen: «Man sollte sie am Rucksack tragen, damit man die Hände zum Abstützen und Halten frei hat.»
Problem 3: Stöcke können zwischen die Beine geraten
Manchmal werden die Stöcke selbst zum Stolperstein. Die österreichische Zeitschrift «Bergundsteigen» berichtete 2014 über einen geübten Berggänger, der im Südtirol eine Wanderung machte. Auf einem schmalen Grat stolperte er über seinen Stock und stürzte mehrere hundert Meter in die Tiefe.
Problem 4: Stock nach dem Ausziehen nicht richtig fixiert
Bei vielen Wanderstöcken kann man die Länge verstellen. Das ist praktisch, hat aber auch Tücken. Walser: «Wenn man die Stöcke nicht richtig fixiert, kann es zu bösen Stürzen kommen.» Die Zeitschrift «Bergundsteigen» berichtete über einen Fall am Meraner Höhenweg im Südtirol: Eine Frau rutschte aus und blieb im steilen Hang liegen. Ihr Mann wollte ihr helfen, reichte der Frau das Ende des Wanderstocks. Beim Hochziehen fiel der Stock auseinander, die Frau stürzte in die Tiefe und kam ums Leben.
Sport XX räumt ein, dass Stürze auch mit Wanderstöcken vorkommen. Diese würden jedoch sowohl beim Bergauf- wie auch beim Bergabgehen sicheren Halt bieten. Abwechslung sei empfehlenswert: Die Stöcke solle man nicht die ganze Zeit verwenden. Zudem sollten sich die Hände beim Abwärtswandern und in der Ebene nicht in den Schlaufen des Stocks befinden. So werde man weniger aus dem Gleichgewicht gebracht.
So verwenden Sie die Stöcke richtig
- Halten Sie die Stöcke nahe am Körper und setzen Sie sie immer vor den Füssen auf.
- Stellen Sie die Stöcke so ein, dass Ihr Ellbogen rechtwinklig angewinkelt bleibt.
- Überprüfen Sie bei ausziehbaren Stöcken regelmässig, ob sie richtig fixiert sind.
- Verstauen Sie die Wanderstöcke in schwierigem Gelände im Rucksack. So haben Sie die Hände frei zum Halten und Abstützen.