Die Zahnpasta «Swiss Smile Diamond Glow» aus der Apotheke soll die Zahnoberflächen «auf sanfte Art» aufhellen und glätten. Das verspricht die Herstellerin Curaden. Sie begründet das mit einem «äusserst niedrigen» Zahnabrieb. Auch die Zahnpasta «Emoform F Diamond» von Wild Pharma soll «den Zahnschmelz und das empfindliche Dentin sanft reinigen». Und die «Candida White Diamond» von Migros verspricht «schonend weisse Zähne». Alle drei Zahnpasten enthalten Diamantpartikel.
Abgeschmirgelte Zahnoberfläche lässt sich nicht regenerieren
Eine neue Untersuchung der Universität Zürich zeigt jedoch: Sanft oder schonend sind diese Produkte nicht. Die Wissenschafter der Klinik für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin untersuchten, wie stark 20 Zahnpasten die Zahnoberfläche abschleifen. Eine Zahnpasta sollte möglichst wenig abschmirgeln, da sich das Zahnmaterial nicht wieder aufbauen kann. In der Untersuchung erwiesen sich jedoch viele Zahnpasten als schädlich. 14 der 20 Produkte hatten einen hohen bis sehr hohen Abrieb.
Vor allem der REA-Wert war bei vielen zu hoch. REA steht für Relative Enamel Abrasion. Dieser Wert zeigt an, wie sehr die Zahnpasten den Zahnschmelz angreifen. Laut Zahnarzt Peter Zuber aus Winterthur ZH ist ein Wert von weniger als vier empfehlenswert. Doch besonders bei den drei Produkten mit Diamantpartikeln lag der REA-Wert deutlich darüber: bei der «Candida White Diamond» beispielsweise betrug der Wert 244. Das ist 61-mal so hoch wie der von Zuber empfohlene Maximalwert. Auch die «Swiss Smile Diamond Glow» hat mit 177 einen sehr hohen REA-Wert.
Bei 11 der 20 Zahnpasten war auch der RDA-Wert zu hoch. RDA steht für Relative Dentin Abrasion. Der Wert besagt, wie stark eine Zahnpasta das Dentin (auch Zahnbein genannt) abträgt. Das ist das weiche Innere des Zahns. Zwar ist der grösste Teil davon durch den Zahnschmelz geschützt. Am Übergang vom Zahn zum Zahnfleisch liegt das Dentin jedoch frei. Zuber rät: «Der Wert sollte unter 35 liegen.» Vier Mal so hoch war der RDA-Wert der «Signal White System» von Unilever. Auch «Dr. Wolffs Biorepair» und «Colgate Total» fielen mit hohen Werten auf. Bei den drei Diamantprodukten lag der RDA-Wert im unbedenklichen Bereich.
Hersteller müssen Abriebwerte nicht deklarieren
Zahnexperte Florian Wegehaupt war an der Studie beteiligt und kritisiert, dass Hersteller die beiden Werte nicht auf der Verpackung ausweisen müssen. «Wenn überhaupt, geben sie nur den RDA-Wert an.» Das tun sie aber meist nur dann, wenn der Wert im grünen Bereich liegt.
Dass es auch anders geht, zeigen die «Candida Parodin», «Elmex Sensitive Professional» und «Colgate Fresh Gel». Diese weisen sowohl niedrige RDA- als auch tiefe REA-Werte auf. Daher sind sie für den täglichen Gebrauch empfehlenswert. «Colgate Fresh Gel» schnitt auch bei einem «K-Tipp»-Test von fluoridhaltigen Zahnpasten am besten ab («K-Tipp» 15/2020).
Freiliegende Zahnhälse besonders gefährdet
Die Zahnexpertin Andrea Kunz von der Stiftung SPO Patientenorganisation warnt, dass besonders Leute mit Zahnproblemen vorsichtig bei der Wahl ihrer Zahnpasta sein sollten. «Bei freiliegenden Zahnhälsen können aggressive Produkte Schmerzen verursachen.» Auch der Zahnschmelz könne zerkratzt und verletzt werden. Besonders schnell passiere das nach dem Genuss von säurehaltigen Speisen wie Joghurts oder Fruchtsäften. «Sie machen den Zahnschmelz weich.» Dasselbe gilt für zucker- und stärkehaltige Lebensmittel, die von den Bakterien im Mund zu Säure umgewandelt werden. Man solle daher mindestens eine halbe Stunde nach dem Essen warten, bis man die Zähne putzt. Kunz weist darauf hin, dass elektrische Zahnbürsten die Wirkung der Zahnpasta noch verstärken.
Die Herstellerin Curaden hält die REA-Messwerte der Studie für wenig aussagekräftig. Selbst bei einer zweimal täglichen Anwendung über 70 Jahre sei nur ein geringer Abrieb messbar. Dr. Wild weist darauf hin, dass die Messergebnisse «enorm hohen Schwankung unterlegen» seien. Die «Emoform Diamond» sei speziell für Personen entwickelt, die an überempfindlichen Zahnhälsen leiden. Laut Hersteller Dr. Wolff sind seine Zahnpflegeprodukte für den täglichen Bedarf geeignet. Rückmeldungen zu etwaigen Nebeneffekten gebe es nicht. «Apa Care»-Hersteller Cumdente gibt an, das Produkt sei moderat bei der Schmelzabrasivität. Daher sei auch bei exzessivem Zahnputzverhalten «kein nennenswerter Schmelzabtrag zu erwarten».
Manche Zahnpasten enthalten heikle Weissmacher
14 Zahnpasten mit Fluorid testete der «K-Tipp» auf Nanopartikel, allergene Stoffe und den RDA-Wert. Letzterer besagt, wie stark eine Zahnpasta das Dentin im Zahn abträgt. Resultat: Kein Produkt hatte einen zu hohen RDA-Wert. Elf Zahnpasten im Test enthielten den Farbstoff Titandioxid in Nanogrösse. Er dient dazu, die Paste schön weiss aussehen zu lassen. Doch die kleinen Partikel
können die Schleimhäute in Mund und Darm durchdringen. Mehrere Tierstudien zeigen, dass Titandioxid in Nanogrösse in Zellen eindringen und dort Entzündungen und Krebs auslösen kann. Lediglich drei Produkte im Test enthielten kein Titandioxid: «Colgate Fresh Gel», «Candida Fresh Gel» und «Meridol» («K-Tipp» 15/2020).