Wer mit dem TGV nach Paris reist, kann sich auf den Fahrplan verlassen. Denn auf der Linie Zürich–Paris verkehren die Züge meist pünktlich – in beiden Richtungen. Der Grund: Die TGV-Züge fahren in Frankreich auf einem eigenen Trassee. Die Verbindungen nach Paris sind aber eine Ausnahme. Das zeigt eine Auswertung der Daten von Zugfinder.de, einer Website mit Statistiken zu Verspätungen und Zugausfällen in Mitteleuropa.
saldo untersuchte 6200 Züge auf sieben internationalen Strecken. Das Fazit: Auf sechs von sieben Strecken in europäische Städte müssen Zugreisende mit grösseren Verspätungen rechnen.
Intercity aus Hamburg fährt oft nur bis Basel
Beispiel Zürich–Hamburg: Im Durchschnitt kamen nur 45 Prozent der Züge pünktlich in Hamburg an. Jeder zehnte erreichte sein Ziel gar nicht (siehe Tabelle im PDF). Grund dafür sind laut den SBB Baustellen. Ausserdem habe im Februar ein Sturm zu «grossen Verspätungen und Ausfällen» geführt. Auf dem Rückweg kamen gar 20 Prozent der Züge nie in Zürich an. Der ICE 71, Ankunft fahrplanmässig um 14 Uhr, erreichte das Ziel seit Anfang Jahr 28-mal nicht. Gemäss den SBB fahren die Züge aus Hamburg nur bis Basel, wenn sie sehr stark verspätet sind.
Ebenfalls negativ fällt die Strecke Zürich–München auf. Die SBB frohlockten Ende letzten Jahres, man habe die Reisezeit zwischen Zürich und München mit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2021 auf dreieinhalb Stunden verkürzt. Die Realität sieht anders aus. Seit Anfang Jahr erreichte etwa der EC 199, fahrplanmässige Ankunft in München um 23.04 Uhr, sein Ziel nur jedes dritte Mal pünktlich. Oft sind die Verspätungen massiv: Am 5. Februar waren es 2 Stunden, am 4. und am 16. Februar über eine Stunde. In der Gegenrichtung sieht es nicht besser aus. Der EC 190 kam fünf Mal nicht in Zürich an. Seit Anfang Jahr waren nur 37 Prozent dieser Züge pünktlich.
Grund für einen Teil der Verspätungen: Die SBB bevorzugen den Regionalverkehr gegenüber internationalen Verbindungen. Die St. Galler Ständeräte Paul Rechsteiner (SP) und Benedikt Würth (Mitte) fordern nun in einem parlamentarischen Vorstoss, dass internationale Verbindungen nicht mehr behindert werden.
Die SBB sagen, Verspätungen gebe es wegen verstärkter Grenzkontrollen, Baustellen und weil Zugkompositionen nur beschränkt verfügbar seien. Bald seien aber weitere Züge einsatzbereit.
Auf die Linie Zürich–Wien ist Verlass
Auch die Züge zwischen Zürich und Mailand sind oft unpünktlich. Immerhin betragen die Verspätungen selten über 20 Minuten, und Zugausfälle gibt es kaum. Verlässlich ist die Strecke Zürich–Wien. Zwar verspäten sich die Züge gelegentlich, aber kein einziger Zug fiel ganz aus.
Tipp: Bei Verspätungen hat man Anspruch auf eine Entschädigung – im In- und im Ausland. Die Höhe hängt von der Länge der Strecke ab. Bei Reisen nach Deutschland, Italien und Österreich beträgt sie ab 60 Minuten Verspätung 25 Prozent, ab 120 Minuten 50 Prozent des Fahrpreises.
Bei TGVs in Frankreich gibts bereits ab 30 Minuten Verspätung 25 Prozent Entschädigung, bei 120 Minuten 50 Prozent und bei 180 Minuten 75 Prozent. Ein Antragsformular für Rückerstattungen von Tickets, die bei den SBB gekauft wurden, findet man unter Sbb.ch.