Wer einen Velohelm trägt, reduziert das Risiko von lebensgefährlichen Kopfverletzungen um 60 Prozent. Das zeigen Untersuchungen der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Der Schutz ist höher, je besser der Helm konstruiert ist.
Die Westschweizer Konsumentenzeitschrift «Bon à Savoir» und die Fernsehsendung «À Bon Entendeur» liessen zehn oft verkaufte Velohelme von einem spezialisierten Labor in Frankreich testen. Resultat: 4 der 10 Helme sind nicht empfehlenswert (siehe unten). Getestet wurde nach strengeren Kriterien, als die EU-Norm vorsieht (EN 1078). Die EU-Norm gilt auch für Velohelme, die in der Schweiz verkauft werden. Diese gesetzlichen Vorgaben sind jedoch veraltet. Sie berücksichtigen weder die hohen Geschwindigkeiten von E-Bikes noch Stürze auf Stirn und Schläfen. Diese Körperstellen sind laut Studien der Uni München besonders gefährdet bei Stürzen.
Mit den E-Bikes ist man schneller unterwegs
Die französischen Laborexperten prüften deshalb nach der neuen sogenannten «holländischen Norm». Sie stammt von zwölf Helm- und Fahrradherstellern in Zusammenarbeit mit den Behörden in Holland und Belgien. Die Norm berücksichtigt unter anderem, dass heute viele Leute mit E-Bikes unterwegs sind. So liegt die Aufprallgeschwindigkeit neu bei 23,4 km/h (EU-Norm: 19,5 km/h), wenn der Kopf auf eine gerade Fläche trifft. Und bei 19,5 km/h (EU-Norm: 16,2 km/h), wenn der Kopf auf den Trottoirrand aufschlägt.
Der Testsieger «B’Twin Velo Ville 500» von Decathlon fängt diese Stürze sehr gut ab. Das heisst, er dämpft sehr gut. Am schlechtesten schneidet der Helm Kask Urban Life Style ab (gekauft bei M-Way). Er dämpft weniger gut als andere Modelle und erfüllt die erhöhten Anforderungen nicht. Trotzdem ist es immer noch besser, diesen Helm zu tragen als gar keinen.
Auch wer mit dem Testsieger Velo fährt, sollte vorsichtig unterwegs sein. Denn selbst die verschärften Testanforderungen der holländischen Norm sind im Vergleich zur Realität tief. Velofahrer erreichen problemlos Durchschnittsgeschwindigkeiten von über 20 km/h. Laut einer Studie des deutschen Verbands «Unfallforschung der Versicherer» steigt mit hohen Tempi die Gefahr von lebensgefährlichen Verletzungen: Die Köpfe prallen häufig mit bis zu 40 km/h auf harte Flächen. Dazu kommt: Auch die holländische Norm vernachlässigt die Stürze auf Schläfe und Stirn.
Heutige Vorschriften bieten zu wenig Schutz
Die deutschen Forscher Wolfram Hell und Klaus Bauer entwickelten deshalb neue Velohelmtests. Sie ersetzten den starren Dummy-Kopf durch ein Modell, das die Vorgänge im Gehirn aufzeichnet. Zurzeit wenden aber nur Konsumentenorganisationen diese Tests an: Bei einem grossen internationalen Test im Mai 2018 waren 15 von 25 Helmen ungenügend. Die lasche EU-Norm erfüllten sie jedoch spielend. Am besten schnitt im Test der Helm Scott Arx ab (Fr. 109.– bei Scott-sports.com).
Das alles zeigt: Die heutigen gesetzlichen Vorschriften bieten für Velofahrer keinen guten Schutz. Wolfram Hell rechnet damit, dass seine Tests irgendwann einmal gesetzlich verankert werden: «Das dauert in der Regel aber Jahrzehnte.»
Diese Velohelme sind empfehlenswert:
- B’twin Velo Ville 500, Decathlon, Fr. 32.90
- Alpina Panoma City, Velokiosk.ch, Fr. 94.–
- Bell Hub, SportXX, Fr. 129.–
- Abus Pedelec+, Ochsner Sport, Fr. 149.90
- Casco Roadster, Veloland-Shop.ch, Fr. 174.90
- Giro Aspect 2017, Veloland-Shop.ch, Fr. 199.20
Diese Velohelme sind nicht empfehlenswert:
- Leopard Street, Coop Bau + Hobby, Fr. 54.90
- Uvex City I-VO, Ochsner Sport, Fr. 99.90
- Abus Hyban+ Blue, Athleticum, Fr. 129.–
- Kask Urban Lifestyle, M-Way, Fr. 209.90
Darauf müssen Sie beim Kauf eines Velohelms achten
Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie rät:
Vor dem Kauf den Helm anprobieren. Der Helm sollte gut sitzen und nicht drücken. Beim Nicken und Kopfschütteln darf er nicht rutschen.
Helme sollten an beiden Schläfen bis weit in den Bereich der Wange und des Ohres reichen. Denn dort entstehen bei Unfällen die schwersten Verletzungen. Die Vorderkante des Velohelms sollte sich zwei Fingerbreit über der Nasenwurzel befinden.