Vegane Produkte: Was draufsteht, ist nicht drin
Vegane und vegetarische Produkte sehen nicht nur aus wie tierische – sie werden auch so bezeichnet. Das ist irreführend.
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saldo 12/2022
21.06.2022
Marco Diener
Auf der Verpackung steht «Chicken» und «Güggeli». Und der Inhalt sieht aus wie Pouletgeschnetzeltes (siehe Bild im PDF). Doch wer die Zutatenliste studiert, stellt fest: keine Spur von Fleisch. Das Produkt besteht hauptsächlich aus Wasser und Erbsen. Und es ist teuer. Sowohl die Migros als auch Coop verlangen dafür 34 Franken pro Kilo.
Richtiges Pouletgeschnetzeltes ist bei Coop schon für 22 Franken zu haben. In der Migros sogar f&uum...
Auf der Verpackung steht «Chicken» und «Güggeli». Und der Inhalt sieht aus wie Pouletgeschnetzeltes (siehe Bild im PDF). Doch wer die Zutatenliste studiert, stellt fest: keine Spur von Fleisch. Das Produkt besteht hauptsächlich aus Wasser und Erbsen. Und es ist teuer. Sowohl die Migros als auch Coop verlangen dafür 34 Franken pro Kilo.
Richtiges Pouletgeschnetzeltes ist bei Coop schon für 22 Franken zu haben. In der Migros sogar für 15 Franken. Anders gesagt: für weniger als die Hälfte.
Die Aufschrift auf den Packungen ist nicht nur irreführend. Sie dürfte auch verboten sein. In einem Informationsschreiben hält das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit fest: «Die Nennung der Tierart ist nicht erlaubt, auch wenn diese mit einem Hinweis auf die pflanzliche Herkunft ergänzt wird.»
«Kennzeichnung vegetarischer Alternativen beschäftigt uns»
Zu konkreten Beispielen will sich das Bundesamt allerdings nicht äussern. Stattdessen verweist es an die «kantonalen Vollzugsbehörden» – also an die Kantonschemiker. Doch auch da erhält saldo keine Auskunft. Der Zürcher Kantonschemiker Martin Brunner sagt, seine Aufgabe sei es, allenfalls «Korrekturmassnahmen anzuordnen». Dagegen hätten «die betroffenen Betriebe dann Rechtsmittel». Er lässt aber durchblicken: «Die Beurteilung der Kennzeichnung von veganen oder vegetarischen Alternativen zu Fleischerzeugnissen beschäftigt uns schon seit einiger Zeit.»
Der Hersteller Planted behauptet: «Ein absolutes Verbot einer Nennung einer Tierart ergibt sich aus den anwendbaren Rechtsvorschriften nicht, weshalb wir momentan keinen Handlungsbedarf sehen für eine Änderung der Produktkennzeichnung.»
Das Pouletgeschnetzelte ist kein Einzelfall:
- Coop und Migros verkaufen ein Hafergetränk mit der Aufschrift «This is not milk» («Das ist keine Milch»). Dabei sind «negative Auslobungen» verboten. «Keine Milch» kostet übrigens Fr. 3.50 pro Liter. Richtige Milch gibts für weniger als einen Drittel.
- Die Pseudo-Speckwürfeli bezeichnet die Migros als «Cubes bacon style», obwohl sie mit «bacon» («Speck») nichts zu tun haben.
- Migros und Coop verkaufen auch ein Wasser-Erbsen-Gemisch mit der Aufschrift: «Tastes like tuna» (Auf Deutsch: «Schmeckt wie Thunfisch»). Das Produkt sieht verblüffend ähnlich aus wie Thunfisch, dürfte aber nicht so bezeichnet sein. Denn die «Nennung der Tierart» ist verboten, wenn kein Fisch oder Fleisch enthalten ist.
Hersteller Nestlé schreibt saldo: «Mit dem Hinweis ‹tastes like tuna› möchten wir den Konsumenten helfen, sich eine Vorstellung dieses neuen Produkts zu machen.»
Auch mit Eigenmarkenprodukten wie dem Délicorn-Cordon-bleu (Coop) und dem V-Love-Carpaccio (Migros) führen die Detailhändler ihre Kunden hinters Licht. Coop sagt: «Diese Bezeichnung ist gesetzeskonform.» Sie zeige, welchem tierischen Original das Alternativprodukt nachempfunden sei. Die Migros verzichtete auf eine Stellungnahme.