Mit seltener Deutlichkeit haben sich die Stimmberechtigten im März 2010 gegen tiefere Pensionskassenrenten gewehrt: 72,7 Prozent sagten damals Nein zu einer Senkung des Rentenumwandlungssatzes von 6,8 auf 6,4 Prozent. Trotzdem liegt dieser heute im Durchschnitt bei 6,3 Prozent.
Die Zahl von 6,3 Prozent geht aus einer Umfrage der Swisscanto hervor, einer Gesellschaft der Kantonalbanken. Von den gut 2000 Kassen der Schweiz nahmen 318 privatrechtliche Pensionskassen mit einem Vorsorgevermögen von 312 Milliarden Franken an der Umfrage teil. Laut Swisscanto sanken die Rentenansprüche der Neupensionierten seit dem Jahr 2004 um 9,4 Prozent – obwohl die durchschnittlichen Pensionskassenguthaben der Neurentner von Jahr zu Jahr steigen.
Wie ist das möglich? Das Pensionskassengesetz regelt das Obligatorium. Zwingend vorgeschrieben ist die 2. Säule für alle Angestellten mit einem Lohn zwischen 25 579 und 84 240 Franken pro Jahr. Das Gesetz regelt den Umwandlungssatz, mit dem das gesparte Kapital bei der Pensionierung in eine Rente umgerechnet wird. Er beträgt noch immer 6,8 Prozent. Das heisst: Bei einem Umwandlungssatz von 6,8 Prozent erhält ein Pensionär pro 100 000 Franken Altersguthaben 6800 Franken Rente pro Jahr.
An den Umwandlungssatz von 6,8 Prozent müssen sich die Pensionskassen halten – aber nur im Rahmen des Obligatoriums. Alle Einzahlungen, die darüber hinausgehen, bezeichnet man als überobligatorisch. Die Rentenhöhe für diese Gelder kann jede Pensionskasse frei bestimmen – hier gibt es keine Vorschriften.
Das nützen viele Kassen aus. Sie machen eine Mischrechnung. Beispiel Axa Winterthur: Ab 2015 wird die Rente im überobligatorischen Kapital mit einem Umwandlungssatz von 5,604 Prozent (Männer) und 5,48 Prozent (Frauen) berechnet. Das machen nicht nur die im Pensionskassengeschäft tätigen Lebensversicherer, sondern auch viele Firmenpensionskassen. Die Beratungsfirma Towers Watson hat den Umwandlungssatz bei den Pensionskassen von 25 wichtigen börsenkotierten Unternehmen der Schweiz erhoben. Die Spanne liegt gemäss der Ende letzten Jahres vorgestellten Studie zwischen 5,49 und 7,10 Prozent.
Rentenklau: So können die Versicherten Einfluss nehmen
Angestellte mit überobligatorischen Pensionskassenprämien können gegen den Rentenklau durch tiefere Umwandlungssätze wenig ausrichten: Sie haben bei der Wahl der Pensionskasse des Betriebs nichts zu sagen. Den Vertrag schliesst der Arbeitgeber. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen:
- Es gibt Pensionskassen, welche die gesetzliche Pflicht zu einem Umwandlungssatz von mindestens 6,8 Prozent nicht nur für die im Rahmen des Obligatoriums einbezahlten Gelder berücksichtigen, sondern auch für das überobligatorische Kapital. Sie zahlen also für das gesamte angesparte Altersguthaben mindestens 6,8 Prozent Rente. Das sind zum Beispiel Profond, Integral Stiftung, PAT-BVG, PK Pro und CIEPP. Veranlassen Sie die Geschäftsleitung Ihres Betriebs, zu einer Kasse mit solchen Rentenleistungen zu wechseln.
- Hat das Unternehmen eine eigene Pensionskasse: Intervenieren Sie bei den Stiftungsräten, die von den Angestellten gewählt wurden. Und beantragen Sie gleiche Umwandlungssätze für das obligatorische und überobligatorische Guthaben von mindestens 6,8 Prozent.
- Wer sein Altersguthaben in Kapitalform bezieht, ist von Senkungen des Umwandlungssatzes nicht betroffen.