Die Diagnose Lungenkrebs ist niederschmetternd – im Durchschnitt leben fünf Jahre danach nur noch 10 bis 15 Prozent der Patienten. Die Ärzte stellen die Krankheit meist erst dann fest, wenn es zu spät ist. Bislang gibt es keine zuverlässige Methode, um Lungenkrebs frühzeitig zu erkennen.
Abhilfe verspricht die Computertomografie mit niedrig dosierten Röntgenstrahlen. Der Röntgenuntersuch soll gemäss amerikanischen Forschern bei heftigen Rauchern jeden fünften Todesfall verhindern, falls er jedes Jahr vorgenommen wird. Das schrieben die Forscher 2011 im Fachblatt «New England Journal of Medicine». Das Verfahren wurde damals an über 53 000 starken Rauchern getestet.
Monatelange Angst: Auf 14 Treffer kommen 377 Fehlalarme
Jetzt wollten auch Ärzte in der Schweiz starke Raucher regelmässig zum Untersuch schicken. Eine Gruppe aus Lungenärzten, Chirurgen und Röntgenärzten des Universitätsspitals Zürich möchte die Methode vorerst an 10 000 Betroffenen testen. Nach dieser Testphase wollen Ärzte das Programm ausweiten. Thomas Frauenfelder, stellvertretender Direktor des Instituts für Radiologie des Unispitals Zürich: «Unser Ziel ist es, in der ganzen Schweiz ein Vorsorgeprogramm gegen Lungenkrebs einzuführen.»
Das Vorhaben ist unter Experten heftig umstritten. Für Professor Nikolaus Becker, Epidemiologe am Deutschen Krebsforschungszentrum, sind die Erkenntnisse aus den USA zu schwach, um die Methode dermassen auszuweiten. Viel zu häufig habe damals der Computertomograf falsche Resultate geliefert. Tatsächlich hatten bei der erwähnten US-Studie pro 1000 untersuchte Personen jeweils 391 beim ersten Untersuch einen auffälligen Befund. Der Lungenkrebsverdacht bestätigte sich im Laufe weiterer Abklärungen aber nur bei 14 Personen. Bei 377 Personen stellte er sich als falsch heraus. Becker: «Eine derart hohe Quote von Fehlalarmen ist völlig inakzeptabel.»
Die Methode hat einen weiteren Schwachpunkt: Bei einem ersten auffälligen Befund kommen die Ärzte nicht darum herum, den Untersuch nach drei bis sechs Monaten zu wiederholen. Erst ein Vergleich der beiden Resultate zeige, ob sie es mit einer harmlosen Vernarbung oder einem Tumor zu tun hätten, der wachse und möglicherweise bösartig sei. Dieses Verfahren verunsichere Patienten, so Becker: «Sie müssen nach einem ersten auffälligen Befund monatelang mit der Angst leben, demnächst eine Krebsdiagnose zu erhalten.»
Landesweit Kosten von einer halben Milliarde Franken
Zwar könnte nach einem Krebsverdacht eine Gewebeprobe rasch Klarheit schaffen. Doch die erhält man nur durch einen nicht ganz ungefährlichen Eingriff, den die Ärzte möglichst zu vermeiden versuchen. Für Becker ist klar: Ein solches Vorsorgeprogramm sollte man erst dann einführen, wenn alle diese Fragen geklärt sind. Kommt dazu: Untersuche am Computertomografen sind sehr teuer. Milo Puhan, Direktor des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin Zürich, schätzt, dass die Ärzte pro Jahr allein im Kanton Zürich rund 180 000 Raucher oder andere Risikopersonen zu untersuchen hätten. Das allein würde rund 60 Millionen Franken kosten. Dazu kommen Ausgaben für weitere Abklärungen.
Umgerechnet auf die Schweiz würde das insgesamt rund eine halbe Milliarde Franken verschlingen. Dem steht ein relativ bescheidener medizinischer Nutzen gegenüber, wie die US-Studie aufzeigt: Bei 14 von den 1000 untersuchten Personen konnte zwar – wie erwähnt – der Lungenkrebs frühzeitig erkannt werden. Nur 2 bis 3 von ihnen konnten aber geheilt werden. Auch der Allgemeinmediziner und Epidemiologe Johannes G. Schmidt vom Praxiszentrum Meinradsberg Einsiedeln SZ zieht ein ernüchterndes Fazit: «Der Nutzen dieses Vorsorgeuntersuchs ist so gering, dass sich selbst Raucherinnen und Raucher davon kaum werden blenden lassen.»
Sämtliche ärztliche Fachgesellschaften sind für den Untersuch
Karl Klingler, Lungenarzt am privaten Lungenzentrum der Hirslanden Zürich, bietet Rauchern den Untersuch seit 15 Jahren an. Das Interesse an der Methode sei bei den Patienten gross, obwohl sie den Untersuch häufig selber bezahlen müssten, so Klingler.
Frauenfelder schreibt saldo, er habe die gleichen Bedenken wie Becker. Trotzdem würden alle Fachgesellschaften die Vorsorgeuntersuche befürworten. Das Ziel der Studie sei es abzuklären, ob die Untersuchungen allenfalls Nebenwirkungen hätten und zu welchen Folgekosten sie führten. Mit der Studie würde man etwa 10 000 starke Raucher erfassen, ein Raucherentwöhnungsprogramm sei Teil des Programms.
Rauchstopp – so gehen Sie vor
- Setzen Sie einen klaren Zeitpunkt fest, an dem Sie mit dem Stopp beginnen.
- Suchen Sie eine Person, die ebenfalls aufhört.
- Suchen Sie eine Person, die Sie unterstützt.
- Nehmen Sie sich vor, nie mehr eine Zigarette zu rauchen.
- Entfernen Sie alle Raucherutensilien.
- Meiden Sie Situationen, die Sie in Versuchung bringen könnten.
- Belohnen Sie sich für erreichte Zwischenetappen.
- Werden Sie körperlich aktiv und ernähren Sie sich gesund – das motiviert zusätzlich.