Ärzte und Gesundheitsfachleute warnen: In der Schweiz haben bis zu 40 Prozent der Erwachsenen eine Fettleber. Früher glaubte man, dass nur Alkohol der Leber so zusetzen kann, dass sie anschwillt und sich gelb verfärbt. Heute ist klar: Zu viel und zu fett essen sowie zu wenig Bewegung haben den gleichen Effekt (siehe Kasten). Im Extremfall führt eine Fettleber zu einer Zirrhose. Das heisst, die Leberzellen sterben ab. Kein Wunder, fallen rasche und einfache Rezepte bei Betroffenen auf fruchtbaren Boden.
Ein «einzigartiger» Diätdrink verspricht rasche Besserung
Eines dieser Rezepte stammt vom deutschen Ernährungswissenschafter Nicolai Worm: Er entwickelte den Hepafast-Drink, den das deutsche Unternehmen Bodymed aus Villingen-Schweningen produziert und über angeschlossene Zentren vermarktet. Die tägliche Dosis von 1000 Kilokalorien soll zusammen mit Rohkost und Gemüse in 14 Tagen die Leber wieder fit machen. Worms schreibt auf seiner Website Leberfasten.de, der Inhalt sei «einzigartig». Der Drink bestehe aus Eiweisspulver mit Ballaststoffen aus Hafer und «leberaktiven Wirkstoffen». Worm verspricht: Der Drink «entfettet schnell die Leber und beugt einer erneuten Verfettung optimal vor».
Neben der Trinkkur besuchen die Patienten ein Seminar und sollen gleichzeitig ein paar Pfunde verlieren. Bereits sind Schweizer Gesundheitsfachleute mit im Geschäft: Im Bodymed-Center Aadorf TG kosten drei Seminartage mit Hepafast-Pulver für zwei Wochen satte 480 Franken. Doch nicht genug: Nach der Fastenkur soll man gemäss Bodymed-Center das Aufbauprodukt Hepalean für weitere 60 Franken pro Monat schlucken.
Auch die Vitalpraxis von Silke Riemer in Zug ist ein Bodymed-Center, dazu kommen rund ein Dutzend weitere Anbieter in der Schweiz.
Fachleute halten die teuren Diätprodukte für völlig unnötig
Experten schütteln den Kopf. Für den Zürcher Hausarzt Thomas Walser braucht es keine neuen und teuren Diäten gegen die Fettleber: «Weniger essen und mehr Bewegung reichen» (siehe Tipps). Der Leberspezialist Jean-François Dufour vom Inselspital in Bern bestätigt: «Keine andere Therapie hat bis heute zeigen können, dass sie wirkt.» Kommt dazu: Die Fettleber allein bedroht das Leben kaum, das zeigte vor vier Jahren eine Studie im renommierten Fachblatt «British Medical Journal». Forscher der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, im US-Bundesstaat Maryland, werteten die Gesundheitsdaten von über 11 000 US-Amerikanern im Alter von 20 bis 74 Jahren aus.
Etwa jeder fünfte Teilnehmer entwickelte während der rund zwanzig Jahre Beobachtungszeit eine Fettleber. In dieser Zeit starben nur 44 an einer Leberkrankheit – dafür rund 700 an einem Herzinfarkt und an einer anderen Krankheit, 480 weitere an Krebs. Studienleiter Mariano Lazu: «Wir hatten erwartet, dass eine Fettleber die Lebenserwartung verkürzt.» Mit ein Grund, das dem nicht so ist: Die Leber kann sich erholen. Erst eine Zirrhose bildet sich nicht mehr zurück.
Nicolai Worm schreibt: Seine Methode sei in verschiedenen Studien geprüft worden. Zudem gebe es zwei Untersuchungen, die zeigen, dass die Kur mit seiner Diät die Leberwerte signifikant verbessere.
Keine der vorgelegten Untersuchungen ist in einem namhaften Fachblatt publiziert. Hinzu kommt, dass die Beteiligung von 66 und 105 Teilnehmern gering war. Und: Die Hepafast-Produktionsfirma Bodymed hat die Studien mitfinanziert.
Hersteller bezeichnet Hepafast als «durchaus wettbewerbsfähig»
Bodymed schreibt saldo, dass Hepafast pro Tag Fr. 13.50 koste und damit «durchaus wettbewerbsfähig» sei mit anderen Diäten. Die vielen Ballaststoffe würden entscheidend dazu führen, dass man rasch satt werde. Mit natürlichen Nahrungsmitteln, die ähnlich wenig Kalorien enthielten, könne man das nicht erreichen.
Silke Riemer hält fest, dass sie ihre Methoden in der Praxis «nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund wissenschaftlicher Belegbarkeit» aussuche.
Die Fettleber
Eine Fettleber enthält sehr viel Fett, dadurch ändert sie ihre Farbe von dunkelrot zu gelb. Oft wird sie auch grösser. Ursache sind neben Alkohol üppiges Essen und zu wenig Bewegung. Der Zürcher Hausarzt Thomas Walser sagt: «Die Fettleber ist in der Regel ein Symptom eines riskanten Lebensstils oder einer anderen Gesundheitsstörung.» Allerdings können auch Diabetes und gewisse Medikamente wie künstliche Hormone zur Fettleber führen. Bei der Störung lagert sich Fett im Bauchraum und in der Leber selbst an. Patienten merken lange nichts, allenfalls ein Druck- und Völlegefühl im rechten Oberbauch. Der Arzt stellt die Diagnose mit Bluttests und Ultraschalluntersuchen.
Eine Fettleber ist nicht gefährlich, sie bildet sich bei einer Therapie zurück. Eine verfettete Leber kann sich aber zur Zirrhose weiterentwickeln. Dabei sterben die Leberzellen ab. Wird dieser Prozess nicht gestoppt, bedeutet das den Tod.
So halten Sie die Leber gesund
- Trinken Sie nicht mehr als zwei Einheiten Alkohol pro Tag.
- Tun Sie das höchstens an fünf Tagen in der Woche.
- Versuchen Sie abzunehmen.
- Setzen Sie auf die Mittelmeerküche: Essen Sie viel Gemüse, Obst, Olivenöl, Fisch, mageres Fleisch, Nüsse und Körner.
- Gehen Sie mit den Kohlehydraten runter: wenig Brot, wenig Kartoffeln, Reis und Teigwaren.
- Verzichten Sie auf Fruchtzucker: Er steckt in Süssgetränken, Maissirup oder Früchtekonserven.
- Bewegen Sie sich regelmässig, möglichst eine halbe Stunde pro Tag.