Die Preise für Treibstoff und Öl sind als Folge der Sanktionen der USA und der EU gegen Russland vor einem Jahr explodiert. In der Schweiz trieben sie die Inflation viel stärker in die Höhe als im Ausland und rissen Konsumenten ein Loch ins Portemonnaie.
Am 27. Februar dieses Jahres kosteten 100 Liter Heizöl in der Schweiz Fr. 119.31. In Deutschland kostete die gleiche Menge rund 107 Franken. Ein Autofahrer zahlte Ende Februar für einen Liter Bleifrei 95 in der Schweiz Fr. 1.83, für Diesel Fr. 2.02 – in Deutschland waren es rund Fr. 1.75/1.70, in Österreich Fr. 1.55/Fr. 1.65.
Ein Blick in die Bücher der Erdölkonzerne zeigt: Der Ölriese Saudi Aramco erzielte im vergangenen Jahr einen neuen Rekordgewinn von 161,1, Milliarden Dollar – das ist ein Plus von 46 Prozent gegenüber 2021. Auch die weltweit tätigen Konzerne Exxon Mobil, Shell und Co. fuhren 2022 Rekordgewinne ein und zählen dank der hohen Preise zu den grossen Kriegsgewinnern – auf Kosten der europäischen Haushalte. Shell mit Hauptsitz in London erzielte 2022 einen Gewinn von 39,9 Milliarden Dollar – so viel wie noch nie in der Firmengeschichte und etwa das Doppelte des Vorjahrs. Der grösste US-Ölmulti Exxon Mobil erwirtschaftete ebenfalls einen Rekordgewinn von 55,7 Milliarden Dollar – 140 Prozent mehr als im Vorjahr.
Auch die britische BP nahm im 2022 dank der hohen Preise für Öl und Gas so viel Geld ein wie noch nie in ihrer Geschichte. Im Vergleich zum Vorjahr verdoppelte sich der Gewinn im operativen Geschäft auf 28 Milliarden Dollar. Ein ähnliches Bild bei Total: Das französische Erdölunternehmen konnte seinen operativen Gewinn auf 36,2 Milliarden Dollar verdoppeln.
Rekordgewinn für Rosneft – dank westlichen Sanktionen
Auch Russland profitierte von den durch die Sanktionen der USA und Europa ausgelösten Preiserhöhungen: Der staatliche Erdölkonzern Rosneft, eines der grössten Energieunternehmen des Landes, erzielte in den ersten neun Monaten des letzten Jahres nach eigenen Angaben ein Rekordergebnis von 28,5 Milliarden Dollar Gewinn vor Steuern.
Ähnlich profitierten US-Konzerne. Seit der Abkoppelung Europas von russischem Gas exportierten sie 2022 dreimal mehr Flüssiggas nach Europa als ein Jahr zuvor.
Nach Angaben des britischen Datendienstleisters OilX fuhren seit Februar des letzten Jahres 500 US-Öltanker nach Europa. Jedes dieser Schiffe erzielte mit einer einzigen Lieferung einen Gewinn von 200 Millionen Dollar, so die US-Nachrichtenagentur «Business Insider».
Goldene Zeiten für Schweizer Rohstoffunternehmen
Gross ist auch der Reibach bei den Rohstoffkonzernen. Glencore mit Sitz in Baar ZG konnte den Gewinn 2022 im Vergleich zum Vorjahr auf 17,3 Milliarden Dollar verdreifachen. Rund die Hälfte des Geschäfts macht Glencore mit Kohle.
Noch nie seit Beginn der 1980er-Jahre wurde gemäss dem europäischen Datenportal «Enerdata» so viel Kohle gefördert wie heute: Von 1981 bis 2021 stieg die Menge weltweit von 4 auf über 8,2 Milliarden Tonnen. Der Verbrauch erreichte gemäss der Internationalen Energie-Agentur 2022 einen neuen Höchstwert. Bis etwa 2025 werde der Verbrauch auf diesem Niveau bleiben – falls die Energiewende nicht weiter vorangetrieben wird. Für Glencore und Co. sind das goldene Zeiten.
Die Genfer Vitol, die umsatzmässig grösste Firma der Schweiz, übertraf mit 4,5 Milliarden Dollar bereits in den ersten sechs Monaten von 2022 ihren Rekordgewinn von 4,2 Milliarden im Jahr 2021 deutlich. Auch die Genfer Trafigura konnte im letzten Jahr ihren Rekordgewinn von 7 Milliarden Dollar gegenüber der Vorjahresperiode verdoppeln: Der Gewinn 2022 ist höher als in den vorausgegangenen vier Jahren zusammen.
Die Rüstungskonzerne profitieren ebenfalls vom Krieg. Die deutsche Rheinmetall mit Fabriken in Altdorf UR und Zürich sowie Schiess- und Testplätzen im Ochsenboden/Sihltal ZH rechnet für 2022 mit einem Gewinnplus von 20 Prozent. In der Schweiz ist Rheinmetall auf die Entwicklung und Fertigung von mittelkalibrigen Kanonen und Waffensystemen sowie Munition spezialisiert.
Die Aktien der Rheinmetall stie-gen seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 in einem Jahr um 83,3 Prozent, jene der britischen BAE System um 27,4. Die Titel von Lockheed Martin (USA) stiegen um 17,3 und die Papiere von Northrop Grumman (USA) um 15 Prozent.
Schweiz will das Armeebudget bis 2030 markant erhöhen
Die Zukunft sieht für die Waffenindustrie noch rosiger aus: Viele Staaten wollen ihre Rüstungsausgaben massiv erhöhen. Bis 2030 soll das Militärbudget der Schweiz nach dem Willen des Parlaments von 5,5 auf 7 Milliarden Franken pro Jahr steigen.
Einige EU-Regierungen beschlossen in den letzten Monaten, ihre Militärausgaben noch stärker zu erhöhen. Eine Studie von McKinsey kam – basierend auf den Plänen der EU-Regierungen – auf Mehrausgaben von 157 Milliarden Euro – das sind über 50 Prozent mehr als bisher. Die Zeche zahlen die Steuerzahler.