Cornelia Winkler aus Randogne VS überprüfte die Bankauszüge ihrer 17-jährigen Zwillinge – und war fassungslos: Der eine hatte im Juli 1700 Franken ausgegeben, der andere 860 Franken.
Die beiden hatten die gemeinsam mit den Eltern festgesetzten Monatslimiten um 700 beziehungswiese um 360 Franken überschritten. Bei der Eröffnung der «Young Member»-Konten in der Raiffeisen-Filiale der Communes du Haut-Plateau hatten die Eltern für Simon, der eine Lehre macht, eine monatliche Limite von 1000 Franken für die Debit-Karte hinterlegt. Bei Joël, der das Gymnasium besucht, waren es 500 Franken. Mehr sollten die Zwillinge mit der Karte im Monat nicht ausgeben dürfen.
Bei näherer Durchsicht der Kontobewegungen zeigte sich: Auffällig viele Ausgaben tätigten die Söhne mit der Bezahl-App Twint. Die Söhne bestätigten: «Es ist halt so einfach und bequem.»
Mit Twint kann man per Handy zahlen. Das Geld wird umgehend von dem mit Twint verbundenen Bankkonto abgebucht und dem Empfänger gutgeschrieben.
Was Cornelia Winkler und ihren Söhnen nicht bewusst war: Für die Raiffeisen-Twint-App gelten nicht automatisch die gleichen Ausgabenlimiten wie für die Debit-Karte. Rechtlich handelt es sich um einen separaten Vertrag. Wird nichts anderes abgemacht, gilt bei der Twint-App von Raiffeisen standardmässig eine monatliche Obergrenze von 3000 Franken – vorausgesetzt, es befindet sich genug Geld auf dem Konto.
Auch bei weiteren befragten Banken gilt die Limite bei der Debit-Karte nicht automatisch für Twint. Einzig bei Postfinance ist sie auch für die Twint-App bindend.
Ab 15 Jahren brauchts für Twint keine elterliche Erlaubnis mehr
Jugendliche können Twint nach Abschluss des Vertrags ohne Einverständnis der Eltern benutzen. Das Mindestalter für einen Vertrag ist je nach Bank unterschiedlich. Bei einigen Geldinstituten liegt es bei zwölf Jahren, zum Beispiel bei der Baloise Bank oder der Aargauischen Kantonalbank. Bei den meisten der befragten Banken braucht es spätestens ab 15 Jahren keine elterliche Erlaubnis mehr, um Twint zu benutzen.
Die Ausgabenlimite bis zur Obergrenze der jeweiligen Bank können die Jugendlichen dann selbst bestimmen. Einige Banken wie die Raiffeisen, die UBS, die Zuger und die Luzerner Kantonalbank sowie Postfinance werben offensiv damit, dass zu den Bankpaketen für junge Leute neben E-Banking und Debit-Karte auch Twint gehört. Viele Eltern übersehen, dass Twint nach eigenen Regeln funktioniert. Einige Banken beteuern gegenüber saldo, bei der Kontoeröffnung darauf hinzuweisen.
Doch wenn Twint nicht schon bei der Kontoeröffnung gewünscht wird, bleibt der Hinweis aus. Handelt es sich um eine Twint-Prepaid-Lösung, weil die Bank keine eigene Twint-App anbietet, kann die Grenze nicht individuell festgesetzt werden. Das ist etwa bei der Bank Cler, der Basler Kantonalbank und der Hypothekarbank Lenzburg der Fall. Bei Prepaid-Lösungen liegt sie standardmässig bei maximal 800 Franken pro Monat für über 15-Jährige. 300 Franken sind es für 12- bis 15-Jährige.
Jugendliche können bei Prepaid-Verträgen nur so viel ausgeben, wie einbezahlt wurde. Rechtlich ist klar: Minderjährige Kinder dürfen ein eigenes Privatkonto eröffnen, solange es für das eigene Sackgeld oder den selbstverdienten Lehrlings- oder Ferienjoblohn dient. Das geht ohne Einwilligung der Eltern, bei vielen Banken schon ab 12 Jahren («K-Geld» 6/2023). Die Jugendlichen dürfen dann auch selbständig eine Ausgabelimite für dieses Konto setzen. Ihre Konten überziehen können sie nicht.
Bei Jugendsparkonten haben die Eltern das Sagen
Anders ist die Rechtslage bei Jugendsparkonten, die von den Eltern für die Kinder angelegt werden. Hier haben die Eltern das Sagen. Sie verwalten die Gelder, bis die Kinder 18-jährig werden. Sie haben deshalb auch Einblick in sämtliche Ein- und Auszahlungen und müssen Übertragungen auf ein anderes Privatkonto ihrer Söhne und Töchter genehmigen.