Marianne Sax führt in Frauenfeld TG seit über 30 Jahren einen Buchladen. Immer mehr Kunden bezahlen mit Karten und Apps. Sax muss für jedes Buch, das bei ihr bargeldlos gekauft wird, Gebühren abliefern – ob mit Maestro, Postcard, Visa, Mastercard oder per Zahl-Apps wie Twint. «Als ich mir 1996 das erste Kartenterminal zulegte, waren die Transaktionen noch gratis», erinnert sich Sax. Heute bezahlt sie dafür in einem Jahr etwa 2500 Franken.
Die Beträge für das bargeldlose Zahlen summieren sich auch bei anderen Kleinunternehmen: Der Bio-Laden «Fürst unverpackt» in Bülach ZH etwa zahlt rund 4800 Franken jährlich, das Hotel Walserhuus Sertig in Davos GR um die 13 000 Franken.
Das hat Folgen für die Konsumenten. Ökonom Tobias Trütsch von der Uni St. Gallen vermutet: «Einige Händler werden die Gebühren wohl auf die Preise draufschlagen.» Im Klartext: Die Konsumenten müssen für die Gebühren der Banken für Karten und Apps bezahlen – und zwar auch Leute, die mit Bargeld bezahlen.
2020 fielen 46 Millionen Franken an Gebühren an – nur für Twint
Heute nutzen in der Schweiz rund 3,5 Millionen Leute die App von Twint – im Sommer 2018 waren es erst 850 000. Grund: Banken rieten Konsumenten wegen der Coronapandemie von der Nutzung des angeblich unhygienischen Bargelds ab. Im April 2020 – mitten im ersten Coronalockdown – führte beispielsweise Aldi die App neu ein, weil man damit Kunden und Mitarbeitern «noch mehr Schutz» bieten könne. Twint gehört den grössten Schweizer Banken: UBS, Credit Suisse, Postfinance, Zürcher Kantonalbank, Raiffeisen und der Waadtländer Kantonalbank.
Berechnungen von Ökonom Tobias Trütsch zeigen: Twint-Zahlungen generierten im letzten Jahr etwa 46 Millionen Franken an Gebühren – ein Jahr zuvor waren es erst 14,5 Millionen.
Grosse Händler können Twint unter Druck setzen: Der Internetshop Digitec-Galaxus (Migros) akzeptierte Twint im März 2020 nicht mehr als Zahlungsmittel, weil die Gebühren zu hoch waren. Inzwischen einigten sich Twint und Digitec-Galaxus – laut dem Onlinehändler – auf tiefere Gebühren.
Höhere Abgaben für die neuen Debitkarten
Für die Kleinunternehmer und die Konsumenten kommt es aber noch dicker, wie Recherchen der Zeitschrift «K-Geld» Anfang Jahr zeigten: Die Banken bringen seit Ende des vergangenen Jahres neue Debitkarten in Umlauf, welche die Maestro- und V-Pay-Karten ersetzen sollen. Dafür verlangen die Kartenfirmen höhere Gebühren. Bei Maestro-Karten zahlen Kleinunternehmerinnen wie Marianne Sax bisher Gebühren zwischen 18 und 30 Rappen pro Kauf. Bei Zahlungen mit der neuen Mastercard-Debitkarte wird es für die Buchhändlerin ab etwa 30 Franken teurer.
Laut Peter Bruggmann, dem Präsidenten des Verbandes Sportfachhandel Schweiz, wird es auch für seine Miglieder deutlich teurer: Bei 600 kleinen und mittelgrossen Schweizer Detailhandelsbetrieben würden allein die neuen Gebühren der Debitkarten von Mastercard und Visa zu mehr als dreimal so hohen Kosten wie bisher führen. 2019 zahlten die 600 Betriebe zusammen 330 000 Franken Gebühren – nur für Maestro- und V-Pay-Karten. Bei gleichem Umsatz würden mit den neuen Karten jetzt 1,1 Millionen Franken anfallen. Bruggmann: «Wenn die Kosten für die Händler steigen, ist es nicht ausgeschlossen, dass irgendwann die Preise erhöht werden müssen.»
Tipp: Die meisten Kleinunternehmen bevorzugen Bargeld. Unter den bargeldlosen Bezahlmethoden verursachen in der Regel Karten von Maestro und Postfinance am wenigsten Gebühren. Es folgen V-Pay-Karten, die neuen Debitkarten von Mastercard und Visa, am teuersten sind Twint und Kreditkarten.