Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), verkündete kürzlich die Senkung des Leitzinssatzes auf 0,15 Prozent. Mit diesem Zinssatz steuert die EZB die kurzfristigen Zinsen, zu denen sich Banken gegenseitig Geld ausleihen – und damit auch die Zinsen für Darlehen an die übrige Wirtschaft. Deshalb müssten auch die Zinsen für Hypotheken weiter sinken.
Doch das ist nicht der Fall. Maurice Pedergnana, Professor an der Hochschule für Wirtschaft Luzern, kritisiert: «Viele Banken nutzen ihre Stellung aus und setzen höhere Margen durch.»
Das Vermögenszentrum VZ nennt als Beispiel den Besitzer eines Einfamilienhauses, der im Jahr 2009 für eine fünfjährige Festhypothek über 500 000 Franken einen Rabatt von 0,4 Prozentpunkten ausgehandelt hatte. Kürzlich wurde die Hypothek fällig. Die Bank kürzte den Rabatt auf 0,1 Prozentpunkte. Das heisst: Die Anschlussfinanzierung mit einer erneuerten fünfjährigen Festhypothek verteuerte sich um 7500 Franken – obwohl das Geld für die Bank günstiger war als vor fünf Jahren.
Auf einen Schlag eine um 10 000 Franken höhere Schuld
Künftig noch tiefer ins Portemonnaie greifen musste ein Hausbesitzer, dessen Mehrfamilienhaus mit einer Geldmarkt-Hypothek über 1,5 Millionen Franken belastet ist. Bei der Erneuerung eröffnete ihm die Bank, dass der Satz nun 1,8 statt 0,9 Prozent betrage. Auf einen Schlag verteuerte sich seine Hypothekarschuld um jährlich knapp 10 000 Franken.
Die Banken begründen die Erhöhung ihrer Zinssätze mit neuen Vorschriften von Bundesrat und Nationalbank. Seit letztem Herbst müssen sie die Hypotheken mit 1 Prozent mehr Eigenmitteln absichern. Gemäss VZ bedeutet das für die Banken Mehrkosten von rund 0,05 Prozent ihres Hypothekarbestandes. Die Banken können diese Kosten aber nicht auf die laufenden Festhypotheken schlagen, deshalb verteuern sie Neuhypotheken. Pedergnana: «Es ist schlicht eine Margenexplosion, welche die Privatkunden in den letzten zwölf Monaten erfahren mussten.»
Stefan A. Heitmann, Geschäftsleiter des Hypothekarspezialisten Moneypark, sieht in der täglichen Arbeit noch viele andere Tricks, mit denen die Banken ihre Kunden zur Kasse bitten. Beliebt ist das Tranchieren von Hypotheken. Dabei wird das Volumen einer Hypothek zum Beispiel in drei Tranchen gesplittet und mit Laufzeiten von 3, 5 und 7 Jahren finanziert. In Finanzkreisen wird das «goldene Fessel» genannt. Denn der Kunde bindet sich damit an die jeweilige Bank.
Bei einer Splittung entstehen zusätzliche Kosten
Läuft eine Tranche aus, kann die Hypothek nicht zu einer andern Bank gezügelt werden, weil die bisherige Bank den Schuldbrief bis zum Ablauf der anderen Tranchen behält. Eine Splittung des Schuldbriefs würde erhebliche Notariats- und Grundbuchgebühren verursachen. Damit ist die Verhandlungsposition des Kunden bei einer Verlängerung geschwächt. Die Bank weiss, dass solche Kunden den Wechsel scheuen und die vorgelegten neuen Konditionen akzeptieren. Sie zahlen laut Heitmann gegenüber den Marktzinsen einen happigen Aufschlag. Gemäss Moneypark macht die Differenz gegenüber Neukunden nicht selten über 0,25 Prozent aus. Bei einer fünfjährigen Festhypothek von 500 000 Franken ergibt das Mehrkosten von 6250 Franken.
Immer wichtiger wird bei der Vergabe einer Hypothek die Bewertung der Immobilie durch die Bank. Bei Häusern in der Grössenordnung von 1,5 Millionen stellt Moneypark in der Bewertung des Verkehrswertes Differenzen von mehreren Hunderttausend Franken fest. Heitmann: «Das kann einen deutlich grösseren Einfluss auf die Gesamtkosten der Hypothek haben als der Zinssatz.»
Tipps: So vermeiden Sie hohe Hypozinsen
- Liborhypotheken sind sehr günstig: Bei der ZKB kostet eine dreimonatige Libor-Hypothek 0,013 Prozent - hinzu kommt noch eine Marge der Bank von 1,25 Prozent und allenfalls ein Prämienanteil für die Zinssatzabsicherung. Eine zehnjährige Festhypothek kostet 2,28 Prozent.
- Achten Sie beim Hypothekenabschluss darauf, dass sie nach Ablauf die Bank wechseln können. Sonst sind Sie gegen Zinsaufschläge machtlos.
- Streichen Sie Vertragserneuerungsgebühren.
- Achten Sie auf die Zinsformel. «365/360» (auch «internationale Usanz» genannt) bedeutet eine Verteuerung der Hypothek um durchschnittlich 0,03 Prozent. Die Bank teilt den Zinsbetrag zuerst durch 360 statt 365 Tage. Dadurch erhöht sich die Zinsbelastung pro Tag. Diesen Wert multipliziert sie mit der tatsächlichen Anzahl Tage. Resultat: Der Hypozins ist höher.