Der neuste Reiseführer von «Lonely Planet» heisst «Best in Travel 2017». Er enthält die 30 «besten Reiseerlebnisse für Länder, Regionen und Städte». Die Zeitschrift «National Geographic» publiziert 21 «Top-Destinationen». «Geo Saison» fand 10 «Trend-Reiseziele», die «Sonntags-Zeitung» 7 «besonders angesagte» Destinationen.
saldo hat die Listen genauer angeschaut. Nur Kanada und Finnland erscheinen überall. Welche anderen Ziele 2017 «angesagt» sind, darin sind sich die Publikationen nicht einig. Beim «Lonely Planet» sind es zum Beispiel die Karibikinsel Dominica, Südaustralien, die Azoren oder der arabische Staat Oman. «National Geographic» nennt Hawaii, Madrid, Malta oder den Kanton Uri, bei «Geo Saison» sind die dänische Stadt Aarhus, das Wipptal im Tirol, Düsseldorf oder die zypriotische Hafenstadt Paphos angesagt.
Wenig stichhaltige Begründungen
Weshalb ein Ziel «top» sein soll, erschliesst sich kaum. Falls eine Begründung exisitert, entpuppt sie sich als wenig stichhaltig. Eine Auswahl von häufig bemühten Argumenten:
Ein neues Museum oder eine Ausstellung eröffnet: Unter anderem wegen der neuen «Cité du Vin»-Erlebniswelt Ausstellung schafft es die französische Stadt Bordeaux in die Top 30 im «Lonely Planet». Neueröffnungen gibt es auch anderswo: Athen erhält ein Museum für zeitgenössische Kunst, im polnischen Danzig soll das Museum des Zweiten Weltkriegs eröffnet werden. Weder Athen noch Danzig gelten als «top». Bei Los Angeles greift der «Lonely Planet» zu einem gewagten Argumentationsschlenker: Das Oscars-Museum eröffne zwar erst 2018, doch gebe es bereits 2017 zahlreiche Kunstmuseen zu entdecken.
Alles bleibt, wie es schon immer war: Für den «Lonely Planet» sind Äthiopien und die Mongolei top. Die Redaktion schwärmt von geschützten Bauwerken und uralten Traditionen. Bestimmt werden die mongolischen Nomaden den Touristen Stutenmilch servieren. Gut so. Aber dann kann man sich ja diese Reiseziele auch für nächstes Jahr aufsparen.
Die Erreichbarkeit verbessert sich: Wenn Länder wie Oman ihre touristische Infrastruktur ausbauen und die Fluggesellschaften bessere Verbindungen anbieten, erspähen die Reisemagazine bereits eine neue Trend-Destination am Horizont. So gesehen hätten sie nicht nur den Kanton Uri («National Geographic»), sondern auch das Tessin als Top-Reiseziel 2017 präsentieren sollen. Schliesslich spart man zwischen Zürich und Lugano dank dem Gotthard-Basistunnel einige Minuten Fahrzeit ein.
Vor «allen anderen» dort sein: Mit den olympischen Winterspielen im Februar 2018 rücke die südkoreanische Provinz Pyeongchang in den globalen Fokus, schreibt «Geo Saison». Wer das Land vor allen anderen entdecken wolle, müsse Korea noch 2017 besuchen. Analog empfiehlt «Lonely Planet» die Küste des US-Bundesstaats Georgia: Ein Hollywood-Film werde sie bald bekannt machen.
Neues touristisches Angebot: Was logisch unmöglich ist, schafft laut «Geo Saison» der Balkan: Er «erwacht seit einigen Jahren». Mindestens wird dort mit dem bald komplettierten Wanderweg-Projekt «Via Dinarica» der Tourismus gefördert – und schon ist die Via Dinarica bei «Geo» und «National Geographic» auf den Listen.
2017 ist «etwas los»: Kanada und Finnland feiern runde Staatsjubiläen. Festivitäten und kulturelle Ereignisse wie Open Airs stehen an. Wer im Norden zusätzlich zur Ruhe in einsamer Natur den Trubel sucht, dem mag diese Kombination recht sein. Alle andern raufen sich die Haare. Immerhin: Dank dem 150-Jahr-Jubiläum bezahlen Besucher dieses Jahr keinen Eintritt in Naturparks.Ueli Abt
Tipps zur Wahl des Reiseziels
Eigene Bedürfnisse evaluieren: Machen Sie sich klar, welches Hauptbedürfnis Ihre Ferien erfüllen soll. Warm oder kalt, Berge oder Meer? Oder auch der Wunsch, einmal an einem Ort gewesen zu sein, von dessen Existenz Ihre Bekannten zum ersten Mal etwas durch Sie erfahren.
Optimale Reisezeit wählen: Die klimatischen Verhältnisse haben wesentlichen Einfluss auf das Ferienerlebnis. In welchen Zeitperioden bestimmte Länder unter akzeptablen Klimabedingungen bereist werden können, kann man im Internet auf www.optimale-reisezeit.de prüfen.
Hauptreisezeiten meiden: Frust statt Fun kann erleben, wer zu Schulferienzeiten reist. Neben dem Trubel ist dann mit höheren Kosten zu rechnen. In der Nebensaison gibts weniger Staus an Eingängen, Kassen und am Hotelbuffet.
Erfahrene Leute befragen: Die Informationsfülle im Web ist unüberschaubar. Man verliert Zeit beim Recherchieren und ist am Ende nicht sicher, ob die gefundene Information wirklich zutrifft. Die zuverlässigste Informationsquelle sind immer noch Leute, die bereits am betreffenden Reiseziel waren. Deren Tipps sind fast immer hilfreich.