Auf ihrer Internetseite bewirbt Herausgeberin Swiss Bankers ihre «Travel»-Karte als «sichere Prepaid-Karte» für Reisen. Martin Neuenschwander aus Grafenried BE machte andere Erfahrungen. Er besitzt die Karte seit fünf Jahren und lädt sie immer wieder mit Guthaben auf. Ende Februar 2020 betrug der Kartensaldo 1942 Franken. Anfang März entdeckte Neuenschwander auf seinen Auszügen Abbuchungen, die nicht von ihm stammten.
Die erste Belastung erfolgte am 25. Februar. Am Tag darauf waren es 10 weitere und am 27. insgesamt schon 13. So ging es weiter. Meistens wurden innert kurzer Zeit mehrere kleine Beträge belastet, und zwar durch Firmen aus Australien, Kanada und den USA. Am 9. März waren noch 1352 Franken auf der Karte.
Rückerstattung erfolgt erst Monate später
Neuenschwander reklamierte sofort, wie es im Vertrag vorgeschrieben ist. Danach müssen Kunden unberechtigte Belastungen innert 30 Tagen beanstanden. Der Berner erhielt von Swiss Bankers eine neue Karte. Die Kartenherausgeberin gehört der Credit Suisse, Postfinance, den Kantonal und Raiffeisenbanken sowie Entris, Dienstleisterin für Regionalbanken.
Swiss Bankers schrieb Neuenschwander Mitte Mai den Verlust von knapp 590 Franken wieder gut. Trotz der neuen Karte kam es im März 2020 wieder zu unrechtmässigen Belastungen: Der Kartensaldo lag Anfang April nur noch bei knapp 4 Franken – es fehlten 1348 Franken. Wieder beanstandete der Berner die Transaktionen und verlangte das Geld zurück. Transaktionen im Umfang von 40 Franken wurden rasch zurückerstattet. Die restlichen 1308 Franken liessen lange auf sich warten.
Im Juni fehlten auf Neuenschwanders Karte wieder 593 Franken. Er reklamierte erneut. Im November erhielt er den Betrag von Swiss Bankers zurückerstattet. Auf die Rückzahlung des früheren Verlusts von 1308 Franken musste er weiter warten. Swiss Bankers überwies ihm erst nach der Intervention von saldo Mitte April weitere 1258 Franken. Damit gibt sich Neuenschwander zufrieden – auch wenn noch 50 Franken fehlen.
Auf die Frage, warum die Rückvergütung so lange dauerte, meint Swiss Bankers: «Einige Transaktionen wurden erst Monate nach deren Eintreten gemeldet. Das verunmöglichte Abklärungen und damit die Feststellung des angezeigten Betrugs.»
Der langjährige Kunde wundert sich, dass Swiss Bankers die Abbuchungen nicht von sich aus erkannt hatte. Sie entsprachen keinem normalen Einkaufsverhalten und hätten der Betrugserkennungssoftware nicht entgehen dürfen. Weshalb sollte der Berner bei Netflix in Amsterdam etwas für 550 philippinische Pesos bestellen? Oder spätabends innert 36 Minuten drei Mal je einen kanadischen Dollar an ein Studentencampus in Toronto (Kanada) überweisen?
Tausende von kriminellen Transaktionen
Martin Neuenschwander ist kein Einzelfall. «Solche Attacken finden immer wieder statt», gibt Swiss Bankers gegenüber saldo zu. «In unserem Fall haben sie sich vor allem zwischen Ende Februar und August 2020 ereignet.»
Wie viele Kunden von kriminellen Abbuchungen betroffen sind, will die Kreditkartenherausgeberin nicht sagen. Sie schreibt, dass «der Anteil betrügerischer Transaktionen im Promillebereich» liege. Angesichts von Millionen von Transaktionen sind das aber immer noch ein paar Tausend.
«Travel»-Karte hat nur Nachteile
- Auf Prepaid-Karten muss man im Gegensatz zu Kreditkarten vor Gebrauch ein Guthaben überweisen. Das ist nicht gratis und kostet bei der «Travel»-Karte eine Gebühr von 1,5 Prozent des transferierten Betrags. Wer also 1000 Franken lädt, muss dafür 15 Franken bezahlen – bevor er etwas ausgegeben hat.
- Wer die Karte im Ausland belastet, hat einen schlechteren Wechselkurs. Der Aufschlag auf den Devisenkurs beträgt über 6 Prozent. Bei anderen Kreditkarten sind es rund 3 Prozent.
- Wer mit der Karte im Ausland bezahlt, muss zudem pro Belastung mit weiteren Kosten von Fr. 7.50 oder Euro 7,50 rechnen.
- Kunden erhalten keinen monatlichen Kontoauszug in Papierform. Man muss also die Transaktionen selbst im Internet überprüfen und allenfalls beanstanden.