Auf dem Internetportal ImmoScout24.ch verspricht ein Verkäufer für eine Liegenschaft in Winterthur eine Eigenkapitalrendite von 9 Prozent. Und auf Newhome.ch steht eine Liegenschaft in Biel zum Verkauf, die mit 8 Prozent Bruttorendite angepriesen wird.
Das sind keine Einzelfälle: Viele Verkäufer von Mehrfamilienhäusern versprechen in Internetinseraten Bruttorenditen zwischen 4 und 9 Prozent.
«Bei solchen Renditeversprechen muss man aufpassen», sagt Thomas Oberle vom Schweizer Hauseigentümerverband (HEV). «Vor dem Kauf sollte man immer die Substanz des Hauses anschauen.»
Nettorendite höchstens 2,25 Prozent
Heute sind die Nettorenditen hoch. Cipriano Alvarez vom Bundesamt für Wohnungswesen: «Der langjährige Durchschnitt der Nettorenditen bewegt sich zwischen 4,5 und 5 Prozent.» Solche Renditen sind angesichts der heutigen Hypothekarzinsen jedoch missbräuchlich. Gemäss Bundesgericht darf die Nettorendite nämlich den Zinssatz für erste Hypotheken nicht um mehr als ein halbes Prozent übersteigen. Verglichen wird mit dem Referenzzinssatz. Dieser liegt zurzeit bei 1,75 Prozent. Das heisst: Die Nettorendite darf zurzeit höchstens 2,25 Prozent betragen.
Mieter fordern ihre Rechte kaum ein
Mieter können gegen überrissene Mietrenditen vorgehen: Die Höhe des Anfangsmietzinses oder eine Mietzinserhöhung können sie erfolgreich anfechten, wenn die Rendite zu hoch ist. Allerdings zeigt die Erfahrung: Die Mieter wehren sich kaum. Im ersten Halbjahr 2015 haben sich in der Schweiz nur 451 Mieter vor einer Schlichtungsbehörde gegen den Anfangsmietzins gewehrt, 983 Mieter wehrten sich gegen eine Mietzinserhöhung und 831 Mieter verlangten eine Mietzinsreduktion. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum gab es in der Schweiz insgesamt 21 209 Schlichtungsverfahren in Mietsachen. Ein grosser Teil davon betrifft Kündigungen, Mieterstreckungen und Geldforderungen. Alvarez sagt klar: «Es trifft zu, dass viele Mieter die ihnen zustehende Senkung des Mietzinses nicht einfordern.» Das trage dazu bei, dass der Gesamtindex der Mietzinse auch bei sinkenden Referenzzinssätzen weiterhin ansteige.
Zins des Vormieters als Anhaltspunkt
Das sieht der HEV anders: Grund für die hohen Mieten in Städten wie Zürich, Genf und Basel sei die massive Nachfrage. «Wir wissen aufgrund von Umfragen, dass die Renditen eher sinken, aber immer noch über dem Referenzzinssatz liegen», sagt Thomas Oberle. Eine hohe Bruttorendite nütze dem Eigentümer nichts, wenn später hohe Unterhaltskosten anfielen.
Für Mieter ist es schwierig bis unmöglich, zu überprüfen, ob die Miete angemessen ist. Sie wissen nicht, wie hoch die Kosten des Vermieters sind. Sie kennen die Zahlen der Liegenschaftsrechnung nicht, die zur Beurteilung der Rendite nötig sind. Einen Anhaltspunkt bietet immerhin der Mietzins des ausgezogenen Bewohners. Der Bundesrat schlägt deshalb gesamtschweizerisch eine Formularpflicht vor, wie sie in den Kantonen Waadt, Genf, Freiburg, Neuenburg, Nidwalden, Zug und Zürich gilt. Formularpflicht bedeutet: Der Vermieter muss neuen Mietern mitteilen, wie hoch der Mietzins der Vorgänger war. Steigt die Miete, muss der Vermieter das begründen. Erhöht der Vermieter den Zins um über 10 Prozent, ohne die Wohnung zu renovieren, kann der Mieter den Zins bei der Schlichtungsbehörde anfechten.
FDP, SVP und HEV sind gegen die Formularpflicht. Sie führe zu einer Flut an Gerichtsverfahren. Der schweizerische Mieterverband sieht das anders: «Weniger als 3 Prozent der Mietschlichtungsverfahren betreffen die Anfechtung des Anfangsmietzinses», sagt Generalsekretär Michael Töngi. «Und dies, obwohl das Formular heute in grossen Kantonen obligatorisch ist.»
Zeitpunkt beachten
Neumieter können den Anfangsmietzins bis 30 Tage nach Schlüsselübergabe bei der Schlichtungsbehörde unter folgenden Voraussetzungen anfechten:
- Wenn sie in einer Notlage waren und keine andere Wohnung fanden.
- Wenn der Vermieter den Mietzins um mehr als 10 Prozent erhöht, ohne die Wohnung zu renovieren.
- Wenn der Vermieter eine überhöhte Rendite (d.h. zurzeit mehr als 2,25 Prozent Nettorendite oder 3,75 Prozent Bruttorendite) erzielt oder die Wohnung teurer ist als vergleichbare Wohnungen im Quartier.
Der Mietzins kann auch später angefochten werden, wenn der Vermieter die Miete erhöht oder bei sinkendem Referenzzinssatz nicht reduziert. Das Schlichtungsverfahren ist kostenlos.