Vor bald 25 Jahren besiegte das Spielprogramm «Deep Blue» den Schachweltmeister Gary Kasparow. Manche Zeitgenossen sahen das damals als Vorzeichen einer Zukunft, in der Maschinen die Herrschaft über die Menschen übernehmen werden.
Diese Ängste sind für Gerd Gigerenzer ebenso unbegründet wie die Heilsversprechen einer besseren Welt dank sogenannter «künstlicher Intelligenz». Bereits der Begriff führe in die Irre, schreibt der deutsche Psychologe und einstige Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in seinem Buch «Klick». Anders als das Gehirn funktionieren die Computerprogramme nämlich nur in klar definierten und stabilen Situationen, in denen keine Regeln gebrochen werden – etwa beim Schachspiel, bei der Gesichtserkennung oder in der Diagnostik. Selten aber liefern sie nützliche Daten in Situationen, in denen Ungewissheit herrscht: in denen Menschen intuitiv, emotional oder taktisch agieren. Und sie scheitern bei Prognosen: «2008 verschliefen die Big-Data-Algorithmen die Finanzkrise, 2016 sagten sie einen klaren Wahlsieg von Hillary Clinton voraus.»
Gefährlich sind für Gigerenzer nicht die Programme selbst, sondern die IT-Konzerne, die Big Data kommerziell nutzen. Anhand vieler Beispiele entlarvt der Autor das destruktive Geschäftsmodell der Social-Media-Plattformen, welche die Nutzer systematisch ausspionieren, manipulieren und süchtig machen. Und er gibt Tipps, wie man «in einer von Algorithmen bestimmten Welt die Kontrolle behalten kann».
Das scheint bitter nötig. Gigerenzer verweist auf eine Studie der US-Universität Harvard vom vergangenen Februar: Dieser zufolge sind «96 Prozent der Leute, die mit Internetmedien aufwuchsen, nicht in der Lage, die Vertrauenswürdigkeit einer Website zu beurteilen».
Gerd Gigerenzer, «Klick. Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen», Bertelsmann, München 2021, 416 Seiten, ca. 37 Franken
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