Mit einer Anzeige teilte Coop den Kunden mit, dass sie mit dem Schweizer Lieferanten Schwarzkopf Henkel kein befriedigendes Verhandlungsergebnis erzielt habe: «Genug ist genug! Dank Parallelimport Syoss Shampoos und Spülungen 20 Prozent günstiger.» Künftig beziehe Coop die Syoss-Produkte günstiger aus dem Ausland. Den Preisvorteil gebe man «1 zu 1 an die Kunden» weiter. Neu kosten die umsatzstärksten Syoss-Shampoos und -Spülungen alle Fr. 4.85. Früher waren es Fr. 6.10.
Die Reaktion der Hauptkonkurrentin Migros liess nicht lange auf sich warten: Seit ein paar Tagen verkauft sie die Syoss-Produkte zum gleichen Preis wie Coop.
Beim deutschen Drogeriemarkt DM ennet der Grenze sind dieselben Produkte immer noch viel günstiger. Sie kosten umgerechnet bloss 2 Franken.
Bislang Parallelimporte nur für zeitlich begrenzte Aktionen
Coop-Sprecher Urs Meier erklärt die Differenz mit höheren Einkaufspreisen gegenüber deutschen Detailhändlern, weil man die Produkte im Ausland nicht auf dem offiziellen Vertriebsweg beziehe. Kostensteigernd seien ferner Transport, Zölle und die höheren Löhne in der Schweiz. Pikant am Vorgehen von Coop: Bisher beteuerten die Detailhändler immer wieder, ein Parallelimport sei nur teilweise möglich. 2012 schrieb Coop an saldo: «Realistischerweise kann Coop durch Parallelimporte nur Teilmengen des benötigten Bedarfs von Produkten aus dem Standardsortiment abdecken.» Das heisst: Coop verkaufte Waren aus Parallelimporten nur im Rahmen von zeitlich begrenzten Aktionen.
Und weshalb ist jetzt bei Syoss-Produkten plötzlich ein dauerhafter Parallelimport möglich? «Im Falle der betroffenen Syoss-Produkte konnten wir die Warenverfügbarkeit sicherstellen», lautet die lapidare Antwort von Coop.
Auch Coca-Cola, Elmex, Ferrero oder Nescafé günstig eingeführt
Denner nutzt Parallelimporte zurzeit bei Ferrero-Produkten und Parfüms. Weitere bekannte Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind Nescafé, Coca-Cola und Elmex. Bei diesen Produkten führten die Parallelimporte dazu, dass sie nun zu tieferen Preisen in der Schweiz bezogen werden können, so Denner-Sprecher Thomas Kaderli.
Bei Lidl Schweiz stammen laut eigenen Angaben rund drei Prozent der Sortimentsartikel aus Parallelimporten. Dazu gehören L’Oréal-Kosmetika, After-Eight-Minztäfelchen oder die Ferrero-Produkte Kinder-Schokolade und Nutella.
Aldi Suisse setzt vor allem auf Eigenmarken. Aktuell wird deshalb nur der Caffè Latte Macchiato «Mr. Big» von Emmi parallel importiert (siehe Kasten).
Auch die Migros greift auf Parallelimporte zurück. Konkrete Beispiele nennt sie allerdings nicht.
Import von exportiertem Caffè Latte
Der Caffè Latte ist ein Erfolgsprodukt des Schweizer Milchkonzerns Emmi. Produziert wird das kalte Milchkaffeegetränk in Ostermundigen BE. Caffè Latte wird aber auch im Ausland gern getrunken. Im letzten Jahr exportierte Emmi rund 60 Prozent seiner Produktion. Dafür kassierte der Milchkonzern rund 2,6 Millionen Franken an Steuergeldern. Grund: Verwenden Hersteller für ihre Exportprodukte Schweizer Milch, Butter oder Weizenmehl, erhalten sie sogenannte Ausfuhrbeiträge. Dieses Geld soll letztlich der Schweizer Landwirtschaft zugutekommen.
Die Subventionen können dazu führen, dass Schweizer Produkte in ausländischen Läden günstiger sind als in der Schweiz (saldo 5/15).
Paradox: Aldi Suisse importiert den grossen Becher Caffè Latte Macchiato von Emmi aus dem Ausland. Grund: Emmi weigert sich, Aldi Suisse zu beliefern.
Aldi kauft also im Ausland Caffè Latte ein, der zuvor in der Schweiz mit Hilfe von Steuergeldern produziert und exportiert worden ist.