Die gut 50-jährige Besitzerin eines Einfamilienhauses verlangt vom Nachbarn, dass er seine Birke auf 8 Meter stutzt. Zudem seien mehrere Hecken nicht weit genug von der Grundstücksgrenze entfernt. Sie müssten ganz entfernt werden.
Ihr Anwalt begründet diesen Antrag vor dem Einzelrichter des Bezirksgerichts Bülach ZH. Gemäss Zürcher Gesetz dürfe die Birke höchstens doppelt so hoch sein, wie ihr Abstand zur Grundstücksgrenze beträgt. Dies gelte immer dann, wenn der Baum innerhalb eines Abstandes von 4 Metern von der Grundstücksgrenze stehe. Das sei hier der Fall.
Die zulässige Maximalhöhe der Birke betrage somit höchstens 8 Meter. Tatsächlich sei sie aber 15 Meter hoch. Die Klägerin ergänzt: Der Baum verliere im Frühling Pollen, im Sommer Nussfrüchte und im Herbst Laub. Dazu komme ein unverhältnismässiger Schattenwurf. Das seien alles «übermässige Immissionen», die sie sich nicht gefallen lassen müsse.
«Gegenpartei hat das Gesetz zu wenig genau studiert»
Der Anwalt des Nachbarn verlangt die Abweisung des Begehrens. Die Birke sei nicht zu hoch. «Die Gegenpartei hat das Gesetz zu wenig genau studiert», kritisiert er. Nur Gartenbäume, kleinere Zierbäume, Zwergobstbäume und Sträucher müssten innerhalb eines Grenzabstands von 4 Metern entsprechend gestutzt werden. Die Birke aber sei ein Hochstammbaum. Sie falle unter keine dieser Kategorien. Die Nachbarin habe deshalb keinen Anspruch, dass die Birke gestutzt werde. Auch der Vorwurf der «übermässigen Immissionen» gehe an der Sache vorbei, meint der Anwalt: «Die Birke wirft jeweils vormittags kurz einen Schatten auf das Grundstück des Nachbarn – und dies erst noch auf der nicht benutzten Seite des Hauses. «Von einem übermässigen Schattenwurf kann keine Rede sein!» Und dass der Baum im Herbst Laub verliere, sei halt einfach so. Das müsse man hinnehmen.
Der Richter will vom Anwalt des Beklagten noch wissen, was er dazu sage, dass der Mindestabstand der Hecken von der Grenze und die gesetzliche Schnitthöhe nicht eingehalten worden seien. Seine Antwort: «Sämtliche Bepflanzungen nahmen die vorherigen Eigentümer der Liegenschaft meines Mandanten vor über fünf Jahren vor.» Der Anspruch auf Beseitigung sei deshalb verjährt.
Nun will der Richter von den Parteien wissen, ob sie bereit wären, über einen Vergleich zu diskutieren. Beide wollen zunächst nichts davon wissen. Der Richter insistiert. Schliesslich stimmt der Beklagte zu, die Hecke regelmässig zu schneiden, damit sie nicht zu hoch wird. Bei der Birke jedoch bleibt er hart. Die Klägerin ist damit nicht einverstanden. Ein Kompromiss scheitert.
Im schriftlichen Urteil gibt der Richter dem Beklagten hinsichtlich der Birke recht. Er muss den Baum nicht auf 8 Meter zurückstutzen. Das sei bei Hochstämmern nicht nötig und auch die «Immissionen» seien zumutbar.
Die Klägerin muss die Gerichtskosten von 5934 Franken zu 85 Prozent übernehmen und dem Beklagten für seine Anwaltskosten eine Parteientschädigung von 4910 Franken bezahlen. Fazit: Der Streit kostet die Klägerin fast 10 000 Franken – plus ihre Anwaltskosten.
Bäume, Sträucher und Hecken: Das gilt
Wie hoch man Sträucher und Bäume wachsen lassen darf, wie weit sie von der Grundstücksgrenze entfernt sein und wie sie gepflegt werden müssen – die Antworten auf diese Fragen sind kantonal sehr unterschiedlich. Die meisten Bestimmungen sind im jeweiligen kantonalen Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch zu finden. Die Kantone legen auch fest, innert welcher Frist ein Nachbar die Beseitigung von gesetzwidrigen Verhältnissen verlangen kann.
Eine Übersicht der kantonalen Regelungen findet man unter www.pflanzen-im-nachbarrecht.ch.