Teurer Impfstoff landet im Sondermüll
2009 kaufte das Bundesamt für Gesundheit für <br />
84 Millionen Franken umstrittene Impfstoffe gegen die Schweinegrippe. Ein Grossteil des Impfstoffs muss nun als Sondermüll vernichtet werden.
Inhalt
saldo 13/2011
28.08.2011
Letzte Aktualisierung:
30.08.2011
Eric Breitinger
Bis November wird der Bund Schweinegrippe-Impfstoffe für geschätzte 53 Millionen Franken als Sondermüll entsorgen – das Haltbarkeitsdatum ist dann abgelaufen. Damit landen zwei von drei Schweinegrippe-Impfdosen, die das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 2009 für 84 Millionen Franken gekauft hat, im Abfall.
Übrig geblieben sind diese Impfstoffe, weil sich nach Angaben von Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung beim Bundesamt, nur &laqu...
Bis November wird der Bund Schweinegrippe-Impfstoffe für geschätzte 53 Millionen Franken als Sondermüll entsorgen – das Haltbarkeitsdatum ist dann abgelaufen. Damit landen zwei von drei Schweinegrippe-Impfdosen, die das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 2009 für 84 Millionen Franken gekauft hat, im Abfall.
Übrig geblieben sind diese Impfstoffe, weil sich nach Angaben von Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung beim Bundesamt, nur «14 bis 20 Prozent» der Schweizer Bevölkerung gegen das H1N1-Virus impfen liessen. Die Behörden hatten aber für 80 Prozent der Bevölkerung je zwei Impfdosen eingekauft.
Im Brennofen landen bald auch die behördlichen Notvorräte des antiviralen Grippemedikaments Tamiflu. Das Bundesamt kaufte vor zwei Jahren 70 000 Packungen für 1,75 Millionen Franken. Daneben deckten sich einzelne Kantone auf eigene Kosten mit dem Grippemedikament ein.
Trotz umstrittener Wirkung in hohen Mengen eingelagert
Basel-Stadt lagert beispielsweise noch rund 12 500 Tamiflu-Packungen zum Kaufpreis von über 500 000 Franken, St. Gallen 500 Packungen. Tamiflu-Hersteller Roche verkaufte nach eigenen Angaben 20 000 Packungen an die Kantonsspitäler. Die Behörden wollten Tamiflu vor allem zur Prophylaxe und Therapie einer Schweinegrippe-Erkrankung bei Ärzten und Pflegepersonal einsetzen. Dabei belegten damals bereits Studien, dass Tamiflu die Krankheitszeit um gerade mal einen Tag verkürzt (siehe «Gesundheits-Tipp» 2/10) – oder gegen das resistente Schweinegrippe-Virus gar nicht wirkt. Die Haltbarkeit der Basler Tamiflu-Vorräte läuft Ende 2012 ab, die des Bundes verfallen bis 2016.
Die Journalisten Marita Vollborn und Vlad Georgescu kritisieren in ihrem neuen Buch «Die Viren-Lüge» die «fragwürdigen Entscheidungen» vieler Regierungen und Behörden im Zusammenhang mit der Schweinegrippe. Sie verweisen darauf, dass die Antikorruptionsorganisation Transparency International bereits 2009 aufdeckte, dass an der Ausrufung der Schweinegrippe als Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation WHO massgeblich Wissenschafter beteiligt waren, die auf der Lohnliste von Pharmakonzernen standen.
Bund will Verträge mit Pharmafirmen nicht offenlegen
Es gab frühzeitig Hinweise, dass die Schweinegrippe glimpflich verlaufen würde. Laut dem BAG lag die Zahl der Toten durch die Schweinegrippe bei 20. Zum Vergleich: In einem normalen Grippewinter sterben 400 bis 1000 Personen.
Viele Staaten machten gegenüber den Impfstoffherstellern grosszügige Zugeständnisse. Das Bundesamt will auf Anfrage von saldo nach wie vor nicht offenlegen, zu welchen konkreten Preisen und unter welchen Zusatzbedingungen es die Impfstoffe bei dem britischen Konzern Glaxo-Smith-Kline und Novartis gekauft hat. «Einzelne Teile der Verträge unterliegen dem Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnis», sagt Patrick Mathys vom BAG.
Nutzniesser der Schweinegrippe-Hysterie waren die Pharmakonzerne: Novartis machte allein in den ersten drei Monaten des Jahres 2010 durch Schweinegrippe-Impfstoffe einen Umsatz von 1,1 Milliarden Dollar, Roche 2009 mit Tamiflu 3,2 Milliarden Franken (saldo 12/10).