Um 8.30 Uhr sollte die Verhandlung beginnen. Doch noch immer sitzt der Vermieter alleine vor dem Gerichtssaal. Das Paar, das während acht Monaten das auf dem Internet ausgeschriebene 6-Zimmer-Einfamilienhaus mietete, ist bislang nicht aufgetaucht.
Vergeblich zu warten ist sich der Vermieter gewohnt. Schon zur Rückgabe des Hauses erschienen die beiden nicht. Auf seine Rechnung für Reinigungsarbeiten und die Behebung von Schäden reagierten sie ebenso wenig. Darauf betrieb der 42-Jährige die Mieter. Sie wehrten sich per Rechtsvorschlag, der Schlichtungsverhandlung vor dem Friedensrichter blieben sie dann aber unentschuldigt fern. Der Vermieter liess nicht locker, reichte Klage beim Bezirksgericht in Hochdorf LU ein. Ob sie diesmal aufkreuzen? Der Einzelrichter schaut kurz aus dem Gerichtssaal: Die Gegenpartei habe sich von unterwegs per Handy gemeldet und zehn Minuten Verspätung angekündigt.
Tatsächlich tritt bald darauf ein junger Mann durch die Tür und begrüsst den Vermieter mit einem knappen «Hoi». Der Mietvertrag lautete nicht auf das Paar, sondern nur auf seinen Namen. Der 24-Jährige muss deshalb für die Forderung alleine geradestehen. Vom Richter erhält er Unterlagen in die Hand gedrückt, die er doch bitte vor der Verhandlung studieren möge. Der Kläger hat alle Schäden und Verschmutzungen mit Fotos fein säuberlich dokumentiert, um seine Forderungsklage über 8200 Franken zu untermauern.
Nachdem der Mieter die Unterlagen studiert hat, kann die Verhandlung um neun Uhr endlich beginnen. Der Richter will wissen, ob der 24-Jährige die Klage anerkennt. «Nein», entgegnet der. Der Vermieter habe die Sache völlig aufgebauscht. Das würden nur schon die 80 Liter Reinigungsmittel zeigen. So viel brauche man nie und nimmer, um ein Einfamilienhaus zu putzen.
Parkett zerkratzt, Sofabezug zerschlissen, Altglas nicht entsorgt
«Moment», unterbricht ihn der Richter, «auf der Liste steht 80 Franken für Reinigungsmittel, nicht 80 Liter.» Der fahrige Mieter hat aber noch weitere Kritik parat. Es sei eine «besenreine» Rückgabe vereinbart gewesen, doch selbst habe er das Haus nicht besenrein übernehmen können. Auch den Vorwurf, nicht zur Übergabe erschienen zu sein, weist er zurück: «Das war doch so abgemacht!»
Der Kläger schildert die Vorfälle ganz anders. Nach der Rückkehr aus den Ferien habe er eine Nachricht der Mieter auf seine Combox erhalten. Inhalt: Es sei alles in Ordnung, die Schlüssel lägen im Briefkasten. Er solle doch die Abnahme alleine vornehmen. Das tat der Vermieter zwangsläufig – und sah rot. Trotz Vereinbarung, im Haus nicht zu rauchen, fanden sich Zigarettenkippen in ungeleerten Abfalleimern. Sackweise standen Glas- und PET-Flaschen da, Altpapier türmte sich zu Haufen, ungewaschene Wäsche lag herum. Dazu kamen diverse Schäden: Kratzer im edlen Tropenholzparkett und Wasserflecken von überlaufenen Topfpflanzen-Untersetzern auf dem Korkboden. Der Bezug des antiken Sofas war zerschlissen und arg verfleckt.
Der grösste Brocken der geforderten Summe von 8200 Franken entfällt auf das Sofa, ein Erbstück des Grossvaters. Weil der Stoff nicht mehr erhältlich sei, müsse die ganze Polstergruppe neu bezogen werden, so der Vermieter. Kostenpunkt: über 8000 Franken. Er stellt aber nur einen Teil in Rechnung, 4600 Franken. Als Hauptproblem bezeichnet er, dass sich die Mieter nach dem Einzug einen jungen Hund kauften. Das Tier zerkratzte den Sofabezug, hinterliess darauf Flecken und im Garten unzählige Häufchen, die zu entfernen niemand für nötig hielt.
Der Richter stutzt die Forderungen des Vermieters zurecht
Der Richter versucht, die beiden Parteien zu einer gütlichen Einigung zu bewegen. Punkt für Punkt geht er die Liste mit den Schäden mit ihnen durch. Beim Parkettschaden muss der Vermieter zurückbuchstabieren, man einigt sich auf 500 statt 1600 Franken. Desgleichen wird der Betrag für die Wasserflecken von 740 auf 200 Franken reduziert. Die Aufräum- und Reinigungskosten werden halbiert, und so resultiert unter dem Strich eine Summe von 5900 statt 8200 Franken.
Beide Seiten stimmen dieser Vergleichslösung zu, die Gerichtskosten von 300 Franken teilt man hälftig auf. Er hoffe, dass die Haftpflichtversicherung die Schäden vergüten werde, brummelt der Mieter noch, bevor er geht.
Prozessieren: Nichterscheinen kann nachteilig sein
Unentschuldigtes Fernbleiben trotz Vorladung kann bei Gerichtsverfahren teuer werden. Wenn Kläger nicht vor der Schlichtungsbehörde erscheinen, gilt die Klage als zurückgezogen. Bleiben Beklagte fern, kann die Schlichtungsstelle bis zu einem Streitwert von 2000 Franken einen definitiven Entscheid fällen, falls die klagende Partei dies verlangt. Bis zu einem Betrag von 5000 Franken können Friedensrichter einen schriftlichen Urteilsvorschlag unterbreiten. Wird er nicht innert Frist angefochten, gilt er als angenommen, der Prozess ist erledigt. Bei höherer Streitsumme erhält der Kläger bei Absenz der Gegenpartei die Klagebewilligung für das zuständige Gericht.