Anfang Oktober erhielt Lilia Chiera aus Zürich mehrmals Anrufe von Unbekannten. «Sie sagten, sie seien von Microsoft», erzählt die Zürcherin. Sie wurde skeptisch und rief auf die angegebene Nummer zurück. Zu ihrer Überraschung war nicht Microsoft am Apparat, sondern eine Bekannte. Das passierte dreimal, bis sie sich bei der Swisscom beschwerte.
Seit Jahren werden Kunden belästigt. Häufig geht es um Werbung für Krankenkassen. Die Callcenter verschleiern dabei oft ihre ausländische Nummer und täuschen vor, aus der Schweiz anzurufen.
Ein Schutz vor solchen «Spoofing»- Anrufen wäre möglich. In Deutschland sind Telekomfirmen seit Ende 2022 verpflichtet, die Anzeige von manipulierten Nummern zu verhindern oder solche Anrufe zu sperren. Wer in Deutschland angerufen wird, sieht zum Beispiel eine Nummer aus einem Callcenter im Kosovo und nicht die vorgegebene deutsche Rufnummer.
Folge dieser Politik: Die Beschwerden gingen laut der deutschen Bundesnetzagentur deutlich zurück – von 58'000 im letzten Jahr auf 1300 in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Die Deutsche Telekom sagt gegenüber saldo, dass das Verhindern von Spoofing problemlos möglich sei.
In der Schweiz ist das nicht geplant. Lobbyisten der Telekomfirmen verhinderten 2015, dass das Parlament schärfere Regeln beschliesst. Zwar setzen Swisscom, Salt und Sunrise inzwischen Anruffilter ein, die Anrufe fragwürdiger Herkunft blockieren sollen. Trotzdem erhalten etwa Salt-Kunden bis zu fünf Anrufe pro Woche und mehr. Salt will nun untersuchen, warum der Anruffilter versagt.
Tausende Beschwerden pro Jahr bleiben folgenlos
Beim Staatssekretariat für Wirtschaft Seco beschweren sich jährlich rund 10'000 Kunden wegen lästiger Werbeanrufe. Doch das bleibt fast immer folgenlos. Seit 2018 verschickte das Seco 18 Callcentern Mahnungen wegen unlauterer Werbung, in denen «rechtliche Schritte» angedroht wurden. In sechs Fällen machte das Seco die Drohung wahr: Verantwortliche eines kosovarisch-schweizerischen Telefonwerberings wurden 2021 und 2022 zu bedingten Geldstrafen verurteilt. Mitarbeiter eines marokkanischen Callcenters warben in der Schweiz mit unterdrückten Nummern für Spenden. Das Genfer Appellationsgericht verurteilte sie 2022 zu bedingten Geldstrafen von 7800 und 8400 Franken.
Doch Bussen gegen Einzelne lösen das Problem nicht. Laut dem Cybersicherheits-Zentrum des Bundes wurden diesen Herbst deutlich mehr Anrufe mit falschen Rufnummern getätigt als in den Jahren zuvor. Eine Verpflichtung der Telekomfirmen wie in Deutschland wäre viel wirksamer.
Tipp: Lästige Anrufe können den Telekomfirmen gemeldet werden: