Swissallfinanz: Wettbewerbs- Gewinne, die keine sind
Der Wettbewerbspreis: eine «neutrale Finanzberatung» der Swissallfinanz im Wert von 1500 Franken. Doch statt optimierter Finanzen hat eine Lehrerin jetzt eine Forderung von 3300 Franken am Hals.
Inhalt
K-Geld 06/2011
09.12.2011
Letzte Aktualisierung:
29.10.2012
Bernhard Bircher
Primarlehrerin Silvia Honegger (Name geändert) aus Balgach SG hatte im Mai 2011 an der Rheintaler Messe in Altstätten SG an einem Wettbewerb teilgenommen. Anfang Juni meldete sich der Finanzberater M.B. von der Swissallfinanz AG aus Rapperswil SG telefonisch bei ihr: Sie habe beim Wettbewerb eine «neutrale Finanzberatung» im Wert von 1500 Franken gewonnen. Die Beratung bei der Lehrerin zu Hause umfasse eine Optimierung ihrer Vorsorge, Steuern und Versicherungen sowi...
Primarlehrerin Silvia Honegger (Name geändert) aus Balgach SG hatte im Mai 2011 an der Rheintaler Messe in Altstätten SG an einem Wettbewerb teilgenommen. Anfang Juni meldete sich der Finanzberater M.B. von der Swissallfinanz AG aus Rapperswil SG telefonisch bei ihr: Sie habe beim Wettbewerb eine «neutrale Finanzberatung» im Wert von 1500 Franken gewonnen. Die Beratung bei der Lehrerin zu Hause umfasse eine Optimierung ihrer Vorsorge, Steuern und Versicherungen sowie eine Überprüfung ihrer Geldanlagen.
Zu einem Maklermandat überredet
Der Finanzberater besuchte die Gewinnerin zusammen mit seinem Vorgesetzten. Die beiden sahen sich die bestehenden Versicherungen und die Steuererklärung an. Sie rieten der ledigen und kinderlosen Lehrerin zum Abschluss eines zweiten Kontos in der Säule 3a. Sie hätten extra ein «für junge Leute» geeignetes Finanzprodukt der Helvetia-Versicherung im Angebot.
Die 28-Jährige liess sich zu einer Unterschrift für ein Maklermandat überreden. Damit ermächtigte sie die Swissallfinanz zur «Verwaltung und Betreuung» ihrer Versicherungen.
Damit ermächtigte sie die Swissallfinanz zur Verwaltung und Betreuung ihrer Versicherungen. Im Rahmen dieses Auftrags legte ihr der Swissallfinanz-Vertreter einen Versicherungsantrag für eine Lebensversicherung der Helvetia vor, den sie unterschrieb. Jahresprämie für Honegger: 3300 Franken, Laufzeit bis ins Jahr 2046.
Honegger beteuert: «Ich wollte keine solche Versicherung. Ich weiss doch nicht, ob ich bis ins hohe Alter eine so hohe Prämie finanzieren könnte.»
Tatsächlich: Viele junge Leute können früher oder später die hohen Jahresprämien nicht mehr zahlen und sind zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung gezwungen. Ein solcher Rückkauf ist aber immer mit grossen Verlusten für die Versicherten verbunden. Besser fahren Sparer wie Honegger mit einem festverzinslichen 3a-Zinskonto bei einer Bank oder bei der Post. Dort können sie selbst bestimmen, wie viel sie Jahr für Jahr auf die hohe Kante legen wollen.
Die Allfinanz will 3300 Franken für Vertragsrücktritt
Zum Glück war die Auflösung der Police kein Problem. Honegger zu K-Geld: «Die Kundenbetreuerin der Helvetia sagte, ich sei kein Einzelfall und von der Swissallfinanz falsch beraten worden. Ich könne den Vertrag mit der Helvetia ohne finanzielle Folgen kündigen.»
Doch die Swissallfinanz berief sich auf das von Honegger unterzeichnete «Vereinbarungsprotokoll». Darin ist für den Fall eines Vertragsrücktritts im ersten Jahr eine Gebühr von 3300 Franken vorgesehen. Der Betrag entspricht der Höhe einer Jahresprämie der gekündigten 3a-Police. Swissallfinanz begründete diesen Betrag gegenüber Honegger mit entstandenen Unkosten für «geleistete Aufwendungen im Zusammenhang mit der Datenaufnahme, der Auswertung sowie Provisionsverlusten».
Swissallfinanz hat Honegger mit der Betreibung gedroht. Rechtlich steht die Forderung auf wackligen Beinen. K-Geld-Rechtsberater Hans Ruedi Schmid: «Die Lehrerin ist von der Swissallfinanz offenbar getäuscht worden. Ihr wurde mit dem Gewinn einer Finanzberatung vorgegaukelt, dass für sie keine Kosten entstehen würden. Sie kann den Vertrag deshalb wegen Täuschung anfechten.»
Bei Täuschung ist ein Vertrag ungültig
Selbst wenn der Vertrag gültig wäre, hätte Swissallfinanz keinen Anspruch auf eine Erstattung der entgangenen Provisionen. Schmid hält fest: «Solche Aufträge sind jederzeit widerrufbar.» Bei einem Widerruf könne die Allfinanz laut Gesetz höchstens den tatsächlichen Beratungsaufwand geltend machen. «Aber diesen Betrag hat die Frau ja im Wettbewerb gewonnen.»
Auch Jonas Kempf (27) aus Stein am Rhein SH gehörte zu den Gewinnern eines Preises – an der Frühlingsmesse in Frauenfeld. Angeblicher Wert: ebenfalls 1500 Franken. Auf der Gewinnurkunde steht: «Bei diesem Preis entstehen für Sie weder Kosten noch Verpflichtungen gegenüber der Firma Swissallfinanz.»
Kempf liess sich ebenfalls zu einer Vorsorgepolice bei der Helvetia überreden. Er stieg vorzeitig aus dem langjährigen Vertrag aus. Die der Helvetia einbezahlten Prämien erhielt er nicht mehr zurück.
Nun wird er für die Auflösung des Vertrages vor der vereinbarten Ablaufzeit auch noch von der Swissallfinanz betrieben – für die Summe von 4577 Franken. Darin enthalten sind nicht nur eine Jahresprämie, sondern zusätzlich 10 Prozent Verzugszinsen und Umtriebsspesen von 690 Franken. Kempf hat Rechtsvorschlag erhoben.
Die Wettbewerbsfrage lautete übrigens: «Welche Einsparung wird bei einer Finanzplanung der Swissallfinanz AG im Durchschnitt realisiert?» Mögliche Antworten: Fr. 500.–, 1000.–, 1500.–. Die korrekte Lösung kennen Honegger und Kempf mittlerweile – sie fehlt unter den vorgegebenen Antworten.