Der Stromtarif für Haushalte sinkt im nächsten Jahr bei 359 Schweizer Stromversorgern – das sind rund 60 Prozent der Elektrizitätswerke. Viele können die Energie zu deutlich tieferen Preisen einkaufen – unter anderem wegen günstigen Importen.
Doch längst nicht alle Haushalte profitieren. Fast ein Viertel aller Stromversorger erhöht den Preis und verlangt gleich-zeitig mehr für das Netz. Weitere 16 Prozent der Monopolbetriebe verlangen aus anderen Gründen höhere Tarife. Dies zeigen die Daten der eidgenössischen Elektrizitätskommission Elcom.
Die Unterschiede beim Strompreis sind enorm. In Gondo-Zwischenbergen VS ist die Energie am günstigsten: Die Bewohner zahlen sechsmal weniger als die Haushalte in Adelboden BE. Sie müssen die höchsten Tarife der Schweiz berappen (siehe Tabelle).
Gondo verdankt die Tiefstpreise dem Vertrag mit den lokalen Simplonkraftwerken. Dieser berechtigt die Gemeinde zum Bezug einer gewissen Menge Gratisenergie. Laut Gemeindepräsident Roland Squaratti liegen die Netzkosten so tief, weil das erdverlegte Verteilnetz bereits amortisiert ist und kaum Unterhaltskosten anfallen. Entscheidend ist, dass die Stromversorgung Gondo zu 100 Prozent der Gemeinde gehört. Sie muss selbsttragend sein, jedoch keinen Gewinn abwerfen.
Anders in Ostermundigen BE. Dort müssen die Haushalte den Gewinn ihres Versorgers BKW mitfinanzieren. Für die Netznutzung muss ein Durchschnittshaushalt nächstes Jahr 17,9 Prozent mehr pro Kilowattstunde zahlen. Für einen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4500 kWh entstehen Mehrkosten von 54 Franken.
Die Netzsparte spülte dem Berner Energieversorger BKW bereits in den ersten sechs Monaten dieses Jahres einen Betriebsgewinn von 68,4 Millionen in die Kasse. Ab 2016 darf der Stromkonzern von seinen Kunden noch höhere Netzgebühren verlangen, weil das Bundesgericht dem BKW-Stromnetz einen höheren Wert zugesprochen hat. Den Kunden stellt die BKW deshalb 35 Millionen Franken höhere Netzkosten in Rechnung, was die Netz-Gewinnmarge steigert, wie die BKW bestätigt.
Das Geschäft mit der Netznutzung
Auf dem Wert des Netzes dürfen die Besitzer nämlich einen Zins von bis zu 4,7 Prozent verlangen. Der Preisüberwacher hatte sich zwar gegen diesen hohen Zins gewehrt. Doch der Bundesrat änderte die Zinssatzberechnung im Januar 2013 zulasten der Konsumenten. Der BKW stünde es frei, weniger als den Höchstsatz zu verlangen. Ein Sprecher der BKW winkt aber ab: «Als börsenkotierte Aktiengesellschaft sind wir darauf angewiesen, unsere Kosten an die Kunden weiterzugeben.» Nur: Die 4,7 Prozent sind keine bei der BKW anfallenden Kosten, sondern Zinsen auf dem Wert des Netzes.
142 Werke erhöhen die Netzgebühren
Auch bei 142 anderen Energieversorgern führen im nächsten Jahr steigende Netznutzungsgebühren zu höheren Endkundenpreisen. In der Stadt Zürich erhöht das EWZ die Kosten fürs Netz bei einem Durchschnittshaushalt um 12,7 Prozent, bei Arbon Energie steigen sie um 12 Prozent, die Licht- & Wasserwerke in Adelboden um 11 Prozent, EKS erhöht in Schaffhausen um 8,7 Prozent und IWB in Basel um 3,47 Prozent.
Die Stromversorger begründen die Aufschläge mit Investitionen ins Netz sowie mit einem Rückgang des Stromkonsums. Paradox: Weil die Kunden weniger Strom brauchen, müssen sie pro Kilowattstunde mehr ans Netz bezahlen. Denn bleiben die Netzkosten gleich hoch, werden sie durch eine kleinere Anzahl Kilowattstunden geteilt, was zu einem Preisanstieg führt.
Es geht auch anders: Die Technischen Betriebe Glarus senken die Netzgebühren per Januar um 29,2 Prozent. So spart ein Durchschnittshaushalt pro Jahr 170 Franken. Möglich machen dies die Auflösung von Rückstellungen sowie eine verursachergerechtere Aufteilung der Netzkosten: Die Industrie zahlt mehr, Haushalte und Gewerbe weniger.