Es schüttet wie aus Kübeln an diesem Spätsommermorgen. Die Anwesenden sind froh, endlich im Trockenen zu sitzen. Auch wenn es sich nur um den nüchternen Verhandlungssaal des Bezirksgerichts Horgen ZH handelt und der Anlass nicht angenehm ist. Eine Bodenlegerfirma klagt gegen eine Kindertagesstätte (Kita). Die Anwältin des Klägers bespricht mit ihrem Mandanten leise die letzten Details, während die Vertreter der Kita und deren Anwältin schweigend warten.
Die Anwältin der Handwerker begründet ihre Forderung. Sie verlangt von der Kita 9539 Franken. Am 19. Juli 2019 habe ein persönliches Beratungsgespräch zwischen dem Vertreter der Bodenlegerfirma und dem der Kita stattgefunden. Dort habe man sich darauf geeinigt, dass in der Kindertagesstätte Böden in vier Bereichen verlegt werden sollten. Es sei schriftlich festgehalten worden, dass der Laminatboden im Gang und im Esszimmer ganz und in zwei anderen Zimmern teilweise ersetzt werde. Kostenpunkt: 15 460 Franken.
«Zusatzauftrag aus Zeitdruck nicht schriftlich bestätigt»
Bei einem zweiten Treffen Ende Juli sei dann aber mündlich abgemacht worden, dass der Laminatboden in allen vier Zimmern vollständig ersetzt werden solle. «Diese Abmachung ist gültig», sagt die Anwältin. «Sie wurde nur deshalb nicht schriftlich bestätigt, weil der Auftrag sehr kurzfristig erfolgte und Zeitdruck bestand.» Der Zusatzauftrag habe zu zeitlichem Mehraufwand geführt, auch die Materialkosten seien gestiegen. Der Rechnungsbetrag habe sich so auf 29 032 Franken erhöht. Die Kita habe ihrem Mandanten aber nur 19 493 Franken bezahlt. «Der Klägerin stehen also noch 9539 Franken zu.»
Die Anwältin der Kita weist die Forderung zurück. Die Parteien hätten sich schriftlich darauf geeinigt, dass der Laminatboden im Gang und im Esszimmer ersetzt und in zwei anderen Zimmern nur stellenweise ausgebessert werde. In beiden Zimmern hätten nur jeweils drei bis vier Holzbretter herausgenommen und durch neue Holzbretter ersetzt werden müssen. «Die schriftliche Vereinbarung wurde mündlich nicht abgeändert.» Die Klägerin habe ohne Rücksprache den Laminatboden in den beiden Zimmern vollständig ersetzt – in der Hoffnung, die Kundin würde für die Mehrkosten aufkommen. Damit liege sie aber falsch: «Die Kita muss die nicht bestellte Leistung nicht bezahlen.»
Parteien nicht kompromissbereit, Klage abgewiesen
Der Richter legt den Parteien nach einer Pause seine Sicht der Dinge dar. Die Handwerker müssten beweisen, dass es zu einem Zusatzauftrag gekommen sei. Nur dann könnten sie die Mehrkosten geltend machen. Aber ein solcher Beweis liege nicht vor.
Beide Parteien sind nicht zu einem Kompromiss bereit. Deshalb fällt der Richter das Urteil. Er weist die Klage ab. Die Bodenlegerfirma muss deshalb die Gerichtskosten von 2200 Franken übernehmen und der Kita für ihre Anwältin eine Parteientschädigung von 2500 Franken bezahlen.
Verträge sollte man schriftlich abschliessen
Die meisten Verträge sind zwar auch dann gültig, wenn sie mündlich abgeschlossen werden. Dazu gehören auch Werkverträge und Aufträge an Handwerker. Wer Ansprüche aus einem Vertrag ableitet, hat vor Gericht aber nur Chancen, wenn er den Inhalt der abgeschlossenen Vereinbarung beweisen kann. Am einfachsten ist das, wenn ein schriftlicher Vertrag vorliegt. Ein Beweis mittels Zeugen scheitert häufig am Erinnerungsvermögen der Beteiligten. Beweispflichtig ist in der Regel die Partei, die behauptet, gegen jemanden einen Anspruch zu haben.