Der Geschäftsführer der klagenden Firma und sein Anwalt warten bereits im modernen Betonbau des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland in Mels SG. Der Beklagte ist Inhaber eines örtlichen Malerbetriebs. Er erscheint mit seinem Anwalt pünktlich zu Verhandlungsbeginn.
Das Gericht tagt in Dreierbesetzung. Der Präsident sitzt zwischen zwei Richterinnen. Die klagende Firma ist eine GmbH mit Sitz in Baar ZG, die Häuser vermittelt. Ihr Anwalt erhält das Wort und begründet die Klage. Der Maler habe ein Mehrfamilienhaus in Grabs SG im Wert von 1,39 Millionen Franken gekauft, «diesen Kauf vermittelte die GmbH». Dafür habe die Immobilienvermittlungsfirma gemäss schriftlicher Vereinbarung mit dem Käufer 55 000 Franken Provision zugut.
Der Anwalt des Malers weist die Klage zurück. «Die Forderung entbehrt jeglicher Grundlage», sagt er. Zum einen habe die GmbH keinen Anspruch gegen den Käufer. Denn der Geschäftsführer habe die Vereinbarung im eigenen Namen geschlossen, nicht als Vertreter der GmbH.
Geforderte Provision «krass überhöht»
Zudem sei der Käufer getäuscht worden: «Der Geschäftsführer der GmbH erweckte mit einem Fotodossier den Eindruck, dass er mit dem Verkauf der Liegenschaft beauftragt war. Das war aber nicht der Fall.» Der Verkaufsauftrag sei an eine andere Firma gegangen. Der Käufer habe erst davon erfahren, nachdem er die Vereinbarung unterzeichnet hatte. Er sei absichtlich getäuscht und unter Zeitdruck gesetzt worden. Der Vermittler habe behauptet, es gebe weitere Interessenten. Er würde dem Maler aber den Vortritt lassen, wenn er sofort unterschreibe. Der Anwalt der GmbH bestreitet dies. Der Anwalt des Malers bemängelt zudem, dass die Provisionsforderung mit 4 Prozent des Verkaufspreises «krass überhöht» war. Üblich seien bei Mehrfamilienhäusern 1 bis 2 Prozent. Auch deshalb sei die Forderung abzuweisen.
Ausschlaggebend ist, wer den Vertrag abgeschlossen hat
Der Gerichtspräsident will wissen, ob die Parteien vergleichsbereit sind. Der beklagte Käufer verneint energisch. Deshalb muss das Gericht entscheiden. Es schliesst sich im schriftlichen Urteil der Argumentation des Beklagten an und weist die Klage ab.
Die GmbH habe keinen Anspruch gegen den Käufer. Sie sei nicht zur Klage berechtigt. Die Provisionsvereinbarung sei zwischen dem Geschäftsführer der GmbH und dem Käufer des Hauses geschlossen worden, Vertragspartner sei also nicht die GmbH selbst. Das gehe aus dem Vertrag hervor. Die GmbH muss Gerichtskosten von 6000 Franken tragen und dem Maler für den Anwalt 9600 Franken bezahlen.
Gerichte prüfen Verträge genau
Ein Prozess um eine Geldforderung findet in der Regel zwischen zwei Parteien statt. Dabei ist fundamental, dass die richtige Partei klagt, und die richtige eingeklagt wird. Das wird von den Gerichten geprüft, bevor sie den eigentlichen Streit behandeln.
Bei Unternehmen stellt sich häufig die Frage, wer durch einen Vertrag berechtigt oder verpflichtet wird: Die Aktiengesellschaft, die GmbH – oder die unterzeichnete Person selbst. Erfolgreich klagen kann nur, wer aus Vertrag oder Gesetz einen Anspruch geltend machen kann. Hat die falsche Person geklagt, wird die Klage abgewiesen, ohne Entscheid in der Sache selbst. Deshalb sollten Kläger bei Erhalt der Vorladung zu einer Verhandlung genau prüfen, ob die Parteien richtig bezeichnet sind. Das spart nicht nur Kosten, sondern auch Zeit.