Mit hochrotem Kopf tritt der Kläger vor den Einzelrichter. Der Tennislehrer organisiert seit über 30 Jahren Tennislager für Schüler. Er erscheint ohne Anwalt, obwohl er zum ersten Mal vor Gericht steht.
Der Tennislehrer fordert die Bezahlung von 690 Franken. Der beklagte Vater habe im Juni 2018 seinen damals 15-jährigen Sohn für ein Sommercamp angemeldet. «Darauf erhielt er von mir eine Anmeldebestätigung. Laut Vertrag war klar, dass sein Sohn dabei sein würde.» Das Kursgeld sei aber nie bezahlt worden. Der Sohn erschien auch nicht im Trainigscamp: «Am ersten Camp-Tag rief ich den Vater an und fragte nach dem Sohn, weil er nicht gekommen war.»
Der Beklagte habe geantwortet, sein Sohn habe andere Pläne und nehme nicht teil. Diese Antwort versetzt den Kläger noch heute in Rage: «Das ist verantwortungslos. Weder hatte er seinen Sohn abgemeldet, noch reagierte er auf meine Aufforderungen, die Rechnung zu bezahlen.» Auch Mahnungen hätten nichts genützt.
Es erfordere einiges an Planung, ein Camp mit über 150 Kindern zu organisieren. «Ich muss die externen Trainer engagieren, die Spielplätze reservieren, die Übernachtungen und die Mittagessen organisieren.» Dafür müsse er im Voraus viel Geld in die Hand nehmen und alles bezahlen. «Wenn dann plötzlich eine Person nicht teilnimmt und auch nicht zahlt, bleibe ich auf den Kosten sitzen.»
Der Beklagte bleibt ruhig und schmunzelt. Er ist Rechtsanwalt. «Auch wenn Sie es noch hundertmal wiederholen: Es war keine Anmeldung», sagt er zum Kläger. «Ich informierte mich über die einzelnen Angebote und gab mein Interesse für das Sommercamp kund. Ich tätigte aber weder eine Zahlung, noch meldete ich meinen Sohn für das Camp an.» Laut den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Tennislehrers sei eine Anmeldung erst nach erfolgter Zahlung gültig. «Eine verbindliche Anmeldung gab es somit nie.» Der Anwalt bestreitet, vom Kläger ein Bestätigungs-Mail erhalten zu haben. Er verstehe deshalb nicht, warum der Tennislehrer überhaupt klage.
«Sie haben eine Datenspur hinterlassen»
«Sie haben eine Datenspur hinterlassen», kontert der Kläger. «Alles, was Sie an diesem Vormittag ausfüllten, ist im Internet ersichtlich.» Der Anwalt habe sich auch bei anderen Tennisclubs über deren Lager informiert und die Angebote verglichen.
Auf der Sommerlager-Website habe der Anwalt alle Fragen beantwortet und Namen und Alter des Kindes sowie dessen T-Shirt-Grösse angegeben, so der Tennislehrer. «Sie haben das Angebot ‹Sommercamp› angekreuzt. Wer soll es sonst gewesen sein? Ihre IP-Adresse ist ja ersichtlich.» Auch was die Geschäftsbedingungen angehe, liege der Anwalt falsch: «In den AGB steht ausdrücklich, dass die Anmeldung einzig bei einzelnen Tennisstunden erst nach einer Zahlung verbindlich ist.» Beim Sommercamp sei die Anmeldung jedoch verbindlich, nachdem das Bestätigungs-Mail beim Kunden eingetroffen sei.
Der Richter hakt nach: «Sind Sie sicher, kein Bestätigungs-Mail erhalten zu haben? Vielleicht haben Sie es übersehen?» Das Gericht könne das nachträglich abklären lassen. «Wollen Sie das wirklich?» Klar sei, dass der Beklagte die Anmeldemaske auf der Website ausgefüllt habe, sagt der Richter. «Das ist doch Ihre IP-Adresse.»
Der Richter schlägt einen Vergleich vor. Der Beklagte bezahle die geforderten 690 Franken am besten gleich sofort, «dann ist die Sache erledigt». Der Kläger ziehe dafür die Betreibung zurück und komme für die Gerichtskosten von 290 Franken auf.
«Vielleicht habe ich das Bestätigungs-Mail übersehen»
Der Tennislehrer ist einverstanden und kommt dem Beklagten sogar entgegen: «Weil ich bereits nach dem ersten Tag wusste, dass Ihr Sohn nicht kommt, konnte ich die meisten Dinge noch stornieren. Sie müssen mir nur 500 Franken zahlen.» Der Beklagte geht darauf ein – und überweist die Summe noch vor Ort per Handy. Und er zeigt Reue: «Vielleicht habe ich das Bestätigungs-Mail tatsächlich übersehen.»
Vor Gericht zählt nur, was man beweisen kann
In rechtlichenAuseinandersetzungen zählt in der Regel nur, was man beweisen kann. Das gilt auch für Verträge, die per Internet abgeschlossen werden. Wer klagt, muss beweisen, dass der Vertrag zustande kam – und mit wem. Ohne einen schriftlichen Vertrag ist das häufig sehr schwierig. Wer darauf verzichtet, sollte mindestens die per Internet ausgetauschten Dokumente und E-Mails aufbewahren und je nach dem auch Bildschirmfotos der Website anfertigen. Denn im Streitfall ist es oft aufwendig, eindeutig zu beweisen, wer was wann und wo eintippte. Deshalb gilt: Am besten bestätigt man einen im Internet geschlossenen Vertrag noch schriftlich.