Die SBB werben zurzeit für das Angebot «Nachhaltig die Schweiz geniessen». Die Bahnen versprechen 25 Prozent Rabatt auf die Reise zu über 500 SwisstainableHotels.» Gemeint sind Hotels, die sich mit dem Swisstainable-Logo schmücken dürfen. Das ist eine Wortschöpfung aus «Swiss» und «sustainable» – also nachhaltig. Wer bis Ende Oktober ein Zimmer bucht, fährt mit der Bahn 25 bis 33 Prozent günstiger. Swisstainable ist ein Nachhaltigkeitsprogramm des Schweizer Tourismus-Verbands und der Marketingorganisation Schweiz Tourismus.
Mit dem Label werben dürfen Hotel- und Tourismusbetriebe, die sich verpflichten, mindestens drei Nachhaltigkeitsmassnahmen zu ergreifen und einen Beitrag von 60 bis 300 Franken pro Jahr zu zahlen.
Keine messbaren Ziele, kaum Kontrollen
Zurzeit dürfen 2500 Betriebe mit dem Swisstainable-Logo werben. Schweiz Tourismus konnte auf Anfrage von saldo nicht sagen, welche Massnahmen diese Betriebe eingeführt haben. Die Organisation dokumentiert auf ihrer Internetseite nur ein paar Beispiele: Das «Lab Hotel» in Thun habe etwa einen «Praxisleitfaden zur Abfallminimierung» umgesetzt. Und die Hotelkette Private Selections organisiert eine «Klima-Challenge», um ihre Lernenden «von Beginn an in das Engagement für Nachhaltigkeit einzubinden».
saldo fragte 15 Swisstainable-Betriebe, welche konkreten Massnahmen sie ergriffen haben. Ergebnis: Der Campingplatz Campofelice TI etwa bemüht sich, den Einsatz von Einwegplastik zu reduzieren. Einige Restaurants behaupten, sie bemühten sich, nur Schweizer Fleisch oder Bio-Weine anzubieten. Und Spa-Hotels geben an, die Temperatur in den Pools zu senken und die Saunazeit zu begrenzen. Weitere Massnahmen: eine Umstellung auf LED-Beleuchtung und der Ersatz von Zierrosen durch einheimische Pflanzen in den Gärten.
Ein Hotelgeschäftsführer, der anonym bleiben will, sagt: «Ich mache aus Überzeugung mit. Aber im Grunde genommen kontrolliert das niemand.»
Dominik Siegrist, pensionierter Professor der Hochschule für Technik in Rapperswil SG, bezeichnet das Label als «ein Marketinginstrument, um sich einen grünen Anstrich zu geben». Denn die Hotelbetriebe könnten ihre Massnahmen und Ziele weitgehend selbst festlegen.
Für Siegrist muss ein ernsthaftes Label aber messbare Ziele vorschreiben und Kontrollen durchführen: «Es braucht zum Beispiel klare CO2-Reduktionsziele mit einem Zeitplan und Vorgaben, wie das zu erreichen ist.» Siegrist kritisiert, dass Schweiz Tourismus das Wichtigste gar nicht angehe. Laut einer Studie des Bundesamts für Statistik (2023) macht der Luftverkehr 80 Prozent des CO2-Ausstosses der Tourismusbranche aus. Trotzdem werbe die Tourismusorganisation auf der ganzen Welt um Touristen.
Rund 60 Millionen Steuerfranken für das Ökomarketing
Schweiz Tourismus wird auch durch Steuermillionen finanziert. Der Bund beteiligte sich 2023 mit 57 Millionen Franken am Jahresbudget der Organisation. Jahresberichte zeigen zudem: 2021 bis 2023 verwendete Schweiz Tourismus zusätzlich Gelder aus einem Spezialfonds, der vor allem vom Bund gespeist wurde. Insgesamt flossen aus diesem Fonds 12,5 Millionen Franken zur «Förderung des nachhaltigen Tourismus». Wie viel Geld das Swisstainable-Programm genau kostet, will die Organisation nicht offenlegen.
Der Schweizer Tourismusverband erklärt, Swisstainable sei kein neues Nachhaltigkeitslabel, sondern ein «Nachhaltigkeitsprogramm», welches das Ziel habe, «das Engagement des Sektors sichtbar zu machen und die Tourismusbetriebe in ihrer nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen». Deshalb habe man keine strengen Vorschriften erlassen.
Möglicherweise geht es Schweiz Tourismus bei Swisstainable auch nicht nur um die Umwelt. Das legt eine Präsentation der Organisation für Hotels nahe. Dort heisst es: Die Kunden seien bereit, für Nachhaltigkeit auch mehr zu bezahlen.