Die Familien stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen.» So wirbt die CVP für ihre Volksinitiative, über die am 8. März an der Urne abgestimmt wird. Welche Familien würden denn bei einer Steuerbefreiung dieser sogenannten Familienzulagen gestärkt? Dazu zwei Rechenbeispiele:
Eine Familie in Winterthur mit zwei Kindern über zwölf Jahren hat ein steuerbares Einkommen von 40 000 Franken. Nach Annahme der Initiative könnte sie zusätzlich 6000 Franken abziehen. Dadurch würde die Steuerlast von 2032 auf 1424 Franken sinken – eine Ersparnis von 608 Franken.
Hätte diese Familie ein steuerbares Einkommen von 150 000 Franken, würde sie klar stärker profitieren: Die Steuerrechnung (inklusive Bundessteuer) würde von 25 934 auf 23 965 Franken sinken. Das ergibt eine Ersparnis von 1969 Franken.
Das zeigt: Aufgrund der progressiv gestalteten Steuersätze wirkt sich die Entlastung bei Familien mit hohen Einkommen viel stärker aus. Spitzenverdiener würden privilegiert. Familien mit tiefen Einkommen hingegen bringt die Steuerbefreiung von Familienzulagen kaum Vorteile. Im Gegenteil: Die entgangenen Steuergelder von geschätzt 1 Milliarde Franken würden Bund und Kantone erfahrungsgemäss durch Steuererhöhungen an andern Orten, Gebührensteigerungen und Sparmassnahmen kompensieren. Das aber belastet alle – auch die Familien mit tiefen Einkommen.
Pikant: Die Schweizer Politik hat eine Vielzahl von Leistungen und Entlastungen für Familien geschaffen. Die Übersicht hat niemand. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat deshalb im Januar einen Auftrag ausgeschrieben – für eine «Bestandesaufnahme gesetzlich geregelter familienbezogener Leistungen».
Staatliche Unterstützung setzt meist dort an, wo Bedarf besteht. Doch bei Familien gilt in der Regel das Giesskannenprinzip. Einige Beispiele:
Familienzulagen
Angestellte und Selbständigerwerbende erhalten pro Kind und Monat eine Kinderzulage von mindestens 200 Franken, ab 16 Jahren dann Ausbildungszulagen von 250 Franken im Monat. Viele Kantone gehen über die Mindestansätze hinaus und verteilen auch Geburts- und Adoptionszulagen.
Besonders grosszügig ist der Kanton Wallis: Ab dem dritten Kind gibts eine monatliche Kinderzulage von 375 und eine Ausbildungszulage von 525 Franken. Und das Gebären eines Kindes wird einmalig mit 2000, jenes von Zwillingen gar mit zweimal 3000 Franken belohnt. Alle Westschweizer Kantone zahlen Zulagen, die über dem Minimum liegen, und richten überdies Geburtszulagen aus. Letztere sind auch in der Innerschweiz verbreitet.
All diese Zulagen werden unabhängig von Einkommen und Vermögen ausgezahlt. Also unabhängig davon, ob eine Familie diese auch nötig hat.
Kinderabzug in der Steuererklärung
Alle Kantone (bis auf Baselland) und der Bund gewähren einen pauschalen Kinderabzug. Bei den Bundessteuern beträgt er 6500 Franken pro Kind. In den Kantonen gibt es grosse Unterschiede: Das Schlusslicht bildet der Kanton Waadt mit 1000 Franken Abzug pro Kind, Spitzenreiter ist Zug mit 12 000 Franken. Eine Familie in Zug mit zwei Kindern kann also in der Steuererklärung 24 000 Franken abziehen. Davon profitieren wegen der Steuerprogression die einkommensstarken Familien am meisten – also diejenigen, die das Geld am wenigsten brauchen. Über ein besseres, von der Progression losgelöstes System verfügt einzig Baselland: Jede Familie kann vom Steuerbetrag 750 Franken abziehen. So werden Wenigverdiener proportional stärker entlastet.
Krankenkassenprämien für Kinder
Krankenversicherer sind gesetzlich verpflichtet, für Kinder und junge Erwachsene bis zum 25. Altersjahr tiefere Prämien festzusetzen als für ältere Erwachsene. Zudem müssen Kinder für Arztbehandlungen keine Franchise zahlen. Der Selbstbehalt beträgt 350 Franken. Das gilt für alle Familien – unabhängig von der individuellen Prämienverbilligung für Familien mit tiefen Einkommen.
Die Prämienersparnis ist massiv. Beispiel: Die günstigste Grundversicherung für ein Kind in Bern (mit Unfallversicherung, Franchise 0 Franken) kostet zurzeit 1034 Franken für ein Jahr. Ein erwachsener Berner zahlt dafür – bei 300 Franken Franchise – den Betrag von 4811 Franken.
Von diesen generell günstigeren Prämien für Sprösslinge profitieren sowohl Familien mit hohem wie tiefem Einkommen. Auch Millionäre werden also subventioniert.
Erziehungsgutschriften der AHV
Seit der 10. AHV-Revision erhalten alle Eltern für jedes Jahr, in dem sie eines oder mehrere Kinder bis 16 Jahre betreuen, eine Erziehungsgutschrift. Sie beträgt fix 42 300 Franken pro Jahr. Das erhöht später die AHV-Rente, ohne dass man dafür Beiträge zahlen muss. Das heisst: Auch Personen, die während Jahren nur Teilzeit gearbeitet haben oder es finanziell nicht nötig hätten, können die AHV-Maximalrente erhalten. Bei Verheirateten werden die Erziehungsgutschriften in der Regel beiden Elternteilen je hälftig gutgeschrieben – unabhängig vom Vermögen.