Zurzeit zahlt ein Schweizer Haushalt pro Jahr Fr. 451.10 für den Empfang von Radio und Fernsehen. Diese Gebühren kommen zum allergrössten Teil der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG zugute (siehe Unten). Letztes Jahr erhielt die SRG von Privaten und Unternehmen gesamthaft Empfangsgebühren in der Höhe von 1,21 Milliarden Franken. Zusammen mit den Erträgen aus der Werbung verfügte die SRG über die Summe von 1,65 Milliarden Franken. Dazu gehören unter anderem auch die Einnahmen aus Drittgeschäften. Zum Beispiel für das «Beobachter TV».
Mit diesem Geld betreibt die SRG 17 Radio- und 7 Fernsehprogramme sowie Websites und Teletextdienste. Im Geschäftsbericht 2014 weist sie die Kosten von Radio und Fernsehen für die vier Sprachregionen aus. So gab das Deutschschweizer Radio und Fernsehen SRF für die sechs Radioprogramme 134,1 Millionen Franken aus. Die drei Fernsehprogramme kosteten zusammen 425,3 Millionen Franken. Zusammen mit den 9,2 Millionen für Drittgeschäfte – zum Beispiel für das Sponsoring von Openairs – ergibt dies für die Deutschschweizer Sender Ausgaben von 568,6 Millionen Franken.
Kosten für einzelne Sender werden nicht ausgewiesen
Was aber kostet der Fernsehkanal SRF zwei oder der Radiosender SRF Virus? Im Geschäftsbericht sind diese Kosten nicht separat ausgewiesen. Auch zu den Aufwendungen für die sprachregionalen Internetseiten sowie die umstrittenen Internet-Newsportale existieren keine Angaben. Diese Kosten seien in den Zahlen von Radio und Fernsehen eingeschlossen, heisst es bei der SRG.
Bereits 2011 hat der St. Galler SVP-Nationalrat Lukas Reimann die mangelnde Transparenz im SRG-Geschäftsbericht kritisiert. In einem parlamentarischen Vorstoss verlangte er die Veröffentlichung der Ausgaben pro Sender sowie eine Auflistung der Kosten für den Einkauf von Filmen, Serien, Lizenzen und die Beteiligung an internationalen Produktionen. Bundesrat und Nationalrat lehnten den Vorstoss ab. Begründung: Detaillierte Publikationspflichten könnten das Geschäftsgeheimnis der SRG verletzen und zu Wettbewerbsnachteilen führen.
Fürs Lobbying gab die SRG letztes Jahr 240 000 Franken aus
Immerhin hat die SRG als Reaktion auf den Vorstoss im Geschäftsbericht neu die Seite «Service public in Zahlen» eingeführt. So erfahren die Gebührenzahler zum Beispiel, dass die SRG letztes Jahr für den Programminhalt «Information» 583 Millionen Franken ausgegeben hat, gefolgt von den Sparten «Unterhaltung, Film» mit 345 und «Kultur, Gesellschaft, Bildung» mit 294 Millionen. Allerdings werden diese Beträge nur summarisch ausgewiesen für alle drei Medien TV, Radio und Internet sowie für alle Sprachregionen. Und die Ausgaben für Fremd- und Eigenproduktionen sind nur nach Radio und Fernsehen differenziert. Aufgelistet sind ferner die Kosten fürs Lobbying: Für Parlamentarierinformationsanlässe, die Bereitstellung von Infomaterial und das Mandat der PR-Agentur Furrer Hugi weist die SRG Kosten von 240 000 Franken aus.
Reimann kritisiert: «Diese Zahlen lassen keine Rückschlüsse auf die effektiven Kosten der einzelnen Formate zu und dienen daher mehr der Verschleierung als der Transparenz.»
Die SRG finanziert sich zu rund 75 Prozent über Gebühren. Kommt das neue Gebührenmodell in der Volksabstimmung vom 14. Juni durch, wird die bisherige Gebühr für die Empfänger von Radio- und TV-Sendungen zu einer Steuer für Private und Unternehmen .
Weshalb die Bevölkerung trotzdem nicht mehr Informationen über die Verwendung der Mittel erhält, erstaunt. Warum soll es ein Geschäftsgeheimnis sein, wie viel Geld die SRG zum Beispiel dem privaten Schweizerischen Fussballverband, der Uefa oder der Fifa für die Übertragungsrechte von Fussballspielen hinblättert? Oder wie viel Eigenproduktionen wie «Die grössten Schweizer Talente» oder «Der Bestatter» kosten? Oder wie viel sie für US-Serien zahlt, die auch auf privaten Sendern laufen?
Iso Rechsteiner, Leiter Unternehmenskommunikation der SRG, sagt dazu: «Die SRG ist daran interessiert, so transparent als möglich zu sein.» Gegen die totale Transparenz spreche aber die Wettbewerbssituation. Die SRG müsse sich im freien Markt «gegen übermächtige ausländische Konkurrenz behaupten». Im Sport beispielsweise würde der Preis für Übertragungsrechte hart verhandelt.
BBC oder ZDF zeigen, dass es auch transparenter geht
Andere öffentlich-rechtliche Medienunternehmen in Europa gehen in ihren publizierten Informationen deutlich weiter als die SRG. Die britische Rundfunkanstalt BBC und die irische Rundfunkgesellschaft RTE schlüsseln in ihren Geschäftsberichten die Kosten für jeden einzelnen Sender auf. RTE weist ferner die Ausgaben für Eigen- und Fremdproduktionen separat pro Sender aus. Und die BBC listet Kosten für das Internetportal sowie Programmkäufe und Sportrechte auf.
Noch offener informiert das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF): Seit letztem August publiziert die Sendeanstalt auf ihrer Website die Kosten einzelner Sendungen, Magazine und Formate. Die deutschen Gebührenzahler erfahren, dass die verschiedenen «Heute»-Nachrichtenbulletins mit umgerechnet 57 Millionen Franken pro Jahr zu Buche schlagen, die Sportberichterstattung mit 238 Millionen. Eine Folge der Dokumentationsreihe «Terra X» kostet das ZDF rund 283 000 Franken, eine Sendung des Wirtschafts- und Konsumentenmagazins «Wiso» 110 000 Franken. Für die Übertragungsrechte eines Spielfilms müssen mindestens 105 000 Franken bezahlt werden. «Das ZDF wird damit dem Interesse der Öffentlichkeit nach Transparenz gerecht», sagt Sprecher Peter Gruhne.
Auch private Sender profitieren bei einem Ja
Die Schweizer Stimmbürger können am 14. Juni über eine neue Finanzierung von Radio und Fernsehen abstimmen.
Heute zahlen die Empfänger von Radio- und TV-Programmen eine Gebühr. Wer nicht fernsieht, muss nicht zahlen. Neu soll diese Gebühr durch eine Steuer ersetzt werden. Jeder Haushalt und jedes grössere Unternehmen müsste zahlen, selbst wenn sie Radio und TV gar nicht nutzen.
Im Auftrag des Bundes erhebt die Billag die Gebühren. Im letzten Jahr nahm sie 1,36 Milliarden Franken ein. Davon gingen 1,21 Milliarden – oder 89 Prozent – an die SRG. Weitere 95 Millionen Franken betrugen die Verwaltungs- und Investitionskosten, davon 49 Millionen für die Billag. Die restlichen 54 Millionen erhielten 21 private Radio- und 13 TV-Stationen.
Von den Gebührengeldern profitieren auch grosse private Medienkonzerne. Somedia in Chur nimmt für Radio und Tele Südostschweiz insgesamt 5,8 Millionen Franken pro Jahr entgegen. Die AZ Medien in Aarau kassieren für Tele M1 und Tele Bärn 4,7 Millionen.
Kommt die Gesetzesrevision in der Abstimmung durch, erhalten die privaten Radio- und Fernsehsender künftig bis zu sechs Prozent der Gebühren, also 81 statt bisher 54 Millionen Franken pro Jahr.
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