Alzheimer-Patienten haben Mühe, sich zu orientieren. Sie vergessen alles, ihre Persönlichkeit verändert sich – sie verabschieden sich langsam von dieser Welt. Heilbar ist die Krankheit nicht, schleichend und irreparabel zerstört sie das Gehirn. Medikamente und Therapien können den Verlauf verlangsamen und die Symptome mildern, aber nicht stoppen. Methoden, mit denen man Alzheimer frühzeitiger erkennen oder aufhalten könnte, sind erst in der Erprobung.
Doch immer mehr Studien weisen darauf hin, dass man zumindest etwas gegen das Alzheimer-Risiko tun kann, solange man gesund ist: mit einem geeigneten Lebensstil. Präventivmediziner David Fäh von der Universität Zürich: «Obwohl wir noch nicht genau verstehen warum, scheint der Lebensstil das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, zu beeinflussen.»
Regelmässiges Training des Gehirns nützt am meisten
Im vergangenen September fasste ein Forscherteam aus Chicago im Fachblatt «Archives of Neurology» die Datenlage zusammen: Risikofaktoren für Alzheimer und Demenz sind Rauchen, hohe Blutfettwerte und Diabetes. Gehirnaktivitäten oder sportliche Betätigung hingegen senken das Risiko. Das bestätigen frühere Untersuchungen. Neu ist, dass man die Weichen bereits früh im Leben stellen muss: Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass der Abbau des Gehirns durch die Alzheimer-Krankheit bereits 20 bis 30 Jahre vor den ersten Symptomen beginnt.
Die Forscher setzen vor allem aufs Hirntraining. Das sei zurzeit die beste Massnahme, wie Ansgar Felbecker, Alzheimer-Spezialist an der Klinik für Neurologie am Kantonsspital St. Gallen, sagt: «Hirntraining wird die Krankheit zwar nicht ganz verhindern, aber den Ausbruch möglicherweise hinauszögern oder die Schwere mildern.»
Zum Gehirntraining gehören vielseitige Denkarbeit im Alltag, im Beruf und in der Freizeit sowie das Pflegen sozialer Kontakte.
Einen weiteren Hinweis, dass ein fittes Hirn Alzheimer vorbeugen könnte, lieferte eine vor wenigen Wochen veröffentlichte Studie der Uni Heidelberg im Fachblatt «Psychiatry Research». Die Forscher hatten seit Anfang der 1990er Jahre rund 500 Menschen beobachtet. Die Senioren waren damals gut 60 Jahre alt. In der Langzeitstudie zeigte sich: Wer damals ein fittes Gehirn hatte, regelmässig die Zeitung las oder Kreuzworträtsel löste, erkrankte mit 75 Jahren deutlich weniger an Alzheimer oder Demenz. Mitautorin Christine Sattler: «Die Ergebnisse sprechen dafür, dass es sich selbst im höheren Alter lohnt, das Gehirn aktiv zu halten.»
Sich stets neue Ziele setzen und flexibel bleiben
Simon Forstmeier erforscht an der Uni Zürich den Einfluss geistiger Aktivitäten auf Alzheimer. Gemäss seiner Einschätzung sind Vorbeugemassnahmen «besonders effektiv», wenn man sich für etwas begeistern kann, sich im Alltag immer neue Ziele setzt und flexibel mit Veränderungen im Leben umgeht.
All diese Aktivitäten, so vermuten die Forscher, erweitern die Kapazität des Gehirns, weil sie es fortwährend stimulieren. Das Gehirn könne so bei beginnender Demenz auf grössere nicht geschädigte Areale zurückgreifen. Forstmeier: «Solche Menschen leben länger ohne Anzeichen einer Demenz.» Er konnte das 2011 in einer Studie zeigen, die er mit deutschen Kollegen verfasst hat. Wer sich gut begeistern konnte, hatte ein um rund einen Drittel tieferes Risiko, später eingeschränkt zu sein in der Orientierung oder der Erinnerung. Selbst bei genetisch vorbelasteten Personen war das Risiko für Alzheimer niedriger.
Sport sorgt für gute Durchblutung des Gehirns
Auch wer seine Blutwerte und seinen Diabetes in den Griff bekommt, kann die Demenz hinauszögern, zeigen Studien. Gerade darum wirke Sport der Demenz entgegen, vermuten die Forscher: Er fördert das Durchbluten des Gehirns, senkt den Blutdruck und verhindert Depressionen.
Umstritten ist die Rolle der Ernährung, Studien zeigen ein widersprüchliches Bild auf. Zwar gibt es Hinweise, dass bestimmte Fettsäuren günstig sein könnten. Dazu gehören Omega-3-Fettsäuren, die reichlich in fettem Fisch oder Leinöl enthalten sind. Forscher vermuten, dass neben Folsäure auch die Vitamine B₁₂ und D eine Rolle spielen können. Präventivmediziner David Fäh empfiehlt eine ausgewogene Ernährungsweise mit viel Obst und Gemüse, Fisch und Vollkornprodukten, aber wenig rotem Fleisch: «Diese Ernährung schützt vor allen Risikofaktoren.»
Tipps: So halten Sie Ihr Gehirn fit fürs Alter
- Pflegen Sie Ihre sozialen Kontakte.
- Gehen Sie öfter aus.
- Lesen Sie jeden Tag die Zeitung.
- Lernen Sie ein Musikinstrument spielen.
- Spielen Sie Denkspiele wie Schach oder Scrabble.
- Packen Sie neue Aufgaben an.
- Treiben Sie mindestens zwei Mal in der Woche Sport.
- Lernen Sie eine neue Sprache.
- Beteiligen Sie sich an Garten- und Hausarbeiten.
- Ernähren Sie sich ausgewogen mit viel Früchten, Vollkornprodukten, aber wenig Fleisch.
Weitere Infos:
- Kostenlose Broschüre «Demenz vorbeugen», www.alz.ch.