Die Löhne der Chefärzte an den Spitälern stammen zu einem guten Teil aus Prämien- und Steuergeldern. Trotzdem verschweigen die Spitäler genaue Zahlen. Eine Studie bringt nun erstmals etwas Licht ins Dunkel der Cheflöhne. Sie stammt vom Büro für Arbeits- und sozialpolitische Studien. Den Auftrag dazu gab das Bundesamt für Gesundheit.
Die Autoren errechneten die Zahlen anhand der AHV-pflichtigen Einkommen von rund 12 500 angestellten Fachärzten im Jahr 2014. 9600 von ihnen arbeiteten im Spital, 2900 in freien Praxen. Die Angaben umfassen neben Salären auch nebenberufliche Einkünfte. Bei den Spitzenverdienern handelt es sich meist um Chefärzte und leitende Ärzte.
Resultat der Studie: 22 angestellte Ärzte verdienen über 1 Million Franken im Jahr. 56 angestellte Ärzte erhalten zwischen 740 000 und 1 Million Franken. 374 kommen auf ein Jahresgehalt von 500 000 bis 739 000 Franken.
Die hohen Gehälter hängen nicht zuletzt mit Extra-Einkünften zusammen. Beispiel Unispital Zürich: Allein im Jahr 2017 erhielten die Chefärzte für die Behandlung von Halbprivat- oder Privatpatienten innerhalb des Spitals zusätzliche Honorare bis 830 000 Franken. Der bestbezahlte Chefarzt kam so auf ein Jahresgehalt von fast 1,1 Millionen Franken. Sein Grundgehalt betrug maximal 256 000 Franken. Das ergibt sich aus Antworten des Zürcher Regierungsrates auf parlamentarische Anfragen im Sommer 2018.
Chefärzte erhalten Boni, wenn die Patientenzahlen steigen
Viele Chef-Mediziner erhalten zudem Boni. Sie profitieren, wenn das Spital immer mehr Operationen und Untersuchungen durchführt – auch unnötige (saldo 7/2014). saldo liegt ein Chefarzt-Arbeitsvertrag aus dem Kantonsspital Nidwalden vor. Dieser sieht bei einer «überdurchschnittlichen Zahl von Halbprivat- und Privatpatienten oder anderen Patientenrekrutierungserfolgen» einen Bonus von 40 000 Franken pro Jahr vor. Bei Chefärzten machen Boni laut dem Ärzteverband FMH im Durchschnitt 16 Prozent des Gesamtlohns aus.
Viele Chefs haben lukrative Zweitjobs. Zum Beispiel verfügen 89 Kaderärzte des Zürcher Unispitals und der Psychiatrischen Unikliniken über eine Professur an der Universität Zürich. Spitalärzte dürfen bis zu 20 Prozent ihrer Arbeitszeit für Nebenjobs verwenden und Zusatzeinkommen bis 50 000 Franken im Jahr behalten. Neben den Einnahmen, die über die Spitäler laufen, kassieren viele Kaderärzte noch Gelder von Pharmafirmen.
Erika Ziltener von den Schweizer Patientenstellen verlangt, dass die Spitäler ihren Kaderärzten keine Boni oder Honorare mehr zahlen dürfen: «Patienten müssen stets die Sicherheit haben, dass sie nicht aus finanziellen Motiven des Arztes oder Spitals unters Messer kommen.»
Kantonsspital Luzern zahlt keine Boni mehr an Ärzte
Nationalrätin Bea Heim (SP) hat im Parlament einen Vorstoss eingereicht, der zu mehr Transparenz führen soll. Der Bund solle die Spitäler verpflichten, die Löhne ihrer Kaderärzte im Geschäftsbericht detailliert auszuweisen. Nur so lasse sich verhindern, dass die Ärzte «durch unnötige Eingriffe die eigenen Löhne erhöhen». Auch der Ärzte-Berufsverband FMH und der Verband der leitenden Spitalärzte lehnen Boni ab, wenn sie an «Mengenziele oder rein ökonomische Faktoren» gekoppelt sind.
Einzelne Spitäler gehen mit gutem Beispiel voran. Das Kantonsspital Luzern zahlt seit dem Jahr 2006 keine Boni oder Privat-Honorare mehr an die angestellten Ärzte. Die 200 Chefärzte und leitenden Ärzte verdienen zwischen 230 000 und 550 000 Franken im Jahr. Laut Sprecher Andreas Meyerhans gebe es bei der Personalsuche keine Schwierigkeiten. Das Spital Bülach ZH zahlt nur Fixlöhne bis 500 000 Franken. Für Nic Zerkiebel, Chefarzt Innere Medizin, hat das Vorteile: «Ich kann mich so voll auf medizinische Fragen konzentrieren.»