Die Migros sammelt im Dezember mit ihrer Weihnachtsaktion Spenden «für bedürftige Personen in der Schweiz». Die Kunden können per Internet und SMS spenden oder im Laden ein Schoggiherz für 5, 10 oder 15 Franken kaufen.
Bei dieser Aktion denkt der Grossverteiler aber auch an den eigenen Umsatz. Auf der Spendenwebsite schaltet die Migros jeden Tag Werbung für «festliche Angebote & Aktionen». Beworben werden da zum Beispiel ein «Titan-Deluxe-Kochgeschirr», «Frey Pralinés Prestige Caramel» oder «Schulter-Rollschinkli geräuchert». Wer mag, kann auch «Chinoise- und Partyplatten» bestellen oder eine «Wunschliste für Kinder» zusammenstellen.
Der aktuelle Spendenstand lag am 2. Dezember bei gut 1,36 Millionen Franken. Im letzten Jahr kamen insgesamt 5,12 Millionen Franken zusammen. Diesen Betrag stockte die Migros um 1 Million Franken auf. Das will sie auch dieses Jahr wieder tun.
Den vollen Spendenbetrag hätte das Unternehmen aber auch bequem selber zahlen können – aus dem Gewinn, den ihm die Kunden bescherten. Letztes Jahr machte die Migros einen Gewinn von 791 Millionen Franken. Die Jahre zuvor waren es zwischen 720 und 820 Millionen.
Die Migros sagt, Betriebsgewinn und Spendenaktion stünden in keinem Zusammenhang. Der Verkaufspreis der Schoggiherzen gehe an Caritas, Heks, Winterhilfe, Pro Juventute und Pro Senectute. Zudem engagiere sich die Migros via Kulturprozent mit über 100 Millionen Franken jährlich. Zudem unterstütze man im Rahmen des Migros-Hilfsfonds Entwicklungsprojekte im In- und Ausland mit 1 Million Franken pro Jahr. Die Mittel des Fonds stammen aus den Erlösen der Migros-Genossenschaften.
Coop: 10 Rappen pro Grittibänz ans Rote Kreuz
Nicht nur die Migros will mit Spenden etwas fürs Image tun:
Coop: Vom 9. bis 18. November lief in den Filialen eine Unilever-Spendenaktion für das Kinderhilfswerk Unicef Schweiz. Von jedem verkauften Unilever-Aktions-Pack mit Duschmitteln, Deos oder Waschmitteln gingen 10 Rappen an Unicef. Die Produkte kosteten bis zu Fr. 24.95. Wie viel Geld zusammenkam, sagt Unilever nicht. Man habe eine Spendensumme von 50 000 Franken zugesichert. Ebenfalls 10 Rappen leitet Coop von jedem verkauften Grittibänz an das Schweizerische Rote Kreuz weiter. Verkaufspreis: Fr. 1.95 bis Fr. 2.95. Im letzten Jahr kamen so 130 000 Franken zusammen. Der Jahresgewinn von Coop betrug im letzten Jahr 416 Millionen Franken.
Aldi: Der deutsche Discounter sagt nicht, wie viel er in der Schweiz verdient. Exakte Zahlen liefert Aldi jedoch, wenn es um das wohltätige Engagement geht. 114 394 Franken gingen letztes Jahr an Caritas Schweiz. Aldi-Kunden spendeten diesen Betrag durch den Kauf von Geschenkpapier, Duftkerzen und Weihnachtskarten. Jeweils im Dezember stellt Aldi in den Filialen Sammelboxen für die SRG-Aktion «Jeder Rappen zählt» (siehe unten) auf. In den letzten beiden Jahren spendeten die Kunden insgesamt je rund 200 000 Franken.
Lidl: Der andere deutsche Discounter sammelt mit dem Verkauf von Chlaussäckli Geld. 1 Franken pro Säckli geht an die Stiftung SOS Kinderdorf, 5 Rappen erhält die Stiftung zudem pro verkaufte Plastiktragtasche. Letztes Jahr kamen so laut Lidl 20 000 Franken zusammen. Jahresgewinne macht auch Lidl keine publik.
Ringier Axel Springer AG: Der Medienkonzern leitet über die Stiftung «SOS Beobachter» Spenden der Leserschaft an Bedürftige weiter. Bisheriges Spendenvolumen seit Anfang Jahr: 982 667 Franken. Ob und allenfalls wie viel der Konzern dazu beitrug, ist geheim. Man kommuniziere keine Zahlen – weder zur Stiftung noch zum Gewinn, heisst es bei Ringier Axel Springer Schweiz AG.
Glückskette: Spenden liegen jahrelang auf der hohen Kante
Bereits zum achten Mal führt Schweizer Radio und Fernsehen SRF dieses Jahr die Aktion «Jeder Rappen zählt» durch. Die Moderatoren motivieren ihre Zuhörer und Zuschauer vom 18. bis 23. Dezember für Geldspenden an «Kinder allein auf der Flucht». Auf dem Europaplatz in Luzern treten Bands auf. Ein Aussenstudio in einer Glasbox sorgt für zusätzliche Aufmerksamkeit.
Koordiniert wird die Aktion von der Glückskette, einer Stiftung der SRG. Sie leitet die Einnahmen an Hilfswerke weiter, die Gelder für ihre Projekte beantragen können.
Das Motto «Jeder Rappen zählt» suggeriert konkrete Not. Doch die Glückskette sammelt auf Vorrat. Die Spenden liegen teils über Jahre auf der hohen Kante.
Hilfswerke wie die Caritas arbeiten nach eigenen Angaben darauf hin, zweckgebundene Spenden innerhalb von drei Jahren einzusetzen. Anders bei der Glückskette.
Von den Projekten der letzten vier Jahre sind einzig die Spenden von 2012 zum Thema Wasser restlos bei den Empfängern angekommen. Auf dem Konto der Glückskette liegen zurzeit noch über 1 Million Franken. Weit über die Hälfte davon stammt aus dem letzten Jahr.
Hilfswerke kritisieren: Mit dem Sammeln auf Vorrat entziehe die Glückskette dem Spendenmarkt Geld, das schneller in bestehende Projekte der Hilfswerke fliessen könnte. Glückskette-Sprecherin Toupane sagt: «Wir verzichten darauf, ein Spendenziel festzulegen.»