Historische Atlanten haben einen Vorteil gegenüber normalen Geschichtsbüchern: Sie geben Geschehenem eine räumliche Dimension und zeigen auf, wie vernetzt historische Ereignisse sind. Diese Form der Geschichtsschreibung ist vor allem in Frankreich populär. So wurde etwa Christian Grataloups «Geschichte der Welt» zu einem Bestseller (saldo 20/2022). Émilie Aubry und Frank Tétart haben sich mit der Arte-TV-Serie «Mit offenen Karten» einen Namen gemacht.

Ihre Recherchen sind nun in ihr neues Buch geflossen – ein schön gestalteter «geopolitischer Atlas» mit mehr als 100 Karten und Infografiken. Die Autoren beginnen ihre «Weltreise mit 28 Zielen» in Europa, dem «Kontinent, der durch nichts so vorangebracht wurde wie durch Krisen». Der Krieg in der Ukraine nimmt in diesem Kapitel am meisten Raum ein.

Ein Ereignis, das über Europa hinaus einen Propagandakrieg zwischen dem Westen auf der einen Seite und Russland und China auf der anderen ausgelöst habe, schreiben die Autoren: «Die fatalen Waffen in diesem neuen Krieg sind die Social Media, die noch nie zuvor einen so grossen politischen Einfluss hatten.» Weitere Kapitel sind der wankenden Grossmacht USA, dem Nahostkonflikt sowie Asien, dem «Epizentrum der Welt von morgen», gewidmet.

Auch die Klimakrise wird thematisiert: Eine Karte zeigt, welche Regionen der Welt am meisten von Klimaveränderungen bedroht sind. Das Buch birgt auch Überraschungen. So erfährt man etwa, wie sich China in den letzten Jahren zur grössten Eisenbahnnation der Welt entwickelte. Seit dem Jahr 2000 baute das Reich der Mitte mehr als 6000 Kilometer Eisenbahnstrecken. Auch die Schweiz hält einen Rekord: Mit 2000 Bahnkilometern pro Jahr und Kopf wird hier am meisten Zug gefahren.

Émilie Aubry, Frank Tétart, «Die Welt der Gegenwart», Beck, München 2024, 224 Seiten, ca. 44 Franken