Die Bundesverwaltung vergab jüngst einen Auftrag über 140 Millionen Franken an das US-Technologie-Unternehmen Microsoft. Gegenofferten holte sie nicht ein.
Das nennt man offiziell eine «freihändige Vergabe». Dabei schreibt das Beschaffungsgesetz vor, dass der Bund bereits Aufträge ab 230'000 Franken öffentlich ausschreiben muss.
Die Ausschreibungspflicht soll dafür sorgen, dass Steuergeld effizient eingesetzt wird. Auf eine Ausschreibung können sich mehrere Unternehmen bewerben. Die Firma mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot erhält den Auftrag. Die Regelung soll auch verhindern, dass gewisse Firmen unrechtmässig bevorzugt werden.
Der Bund ist angeblich abhängig von Microsoft-Produkten
Trotzdem erhält Microsoft immer wieder Steuermillionen ohne Ausschreibung der Aufträge. Die Bundesverwaltung muss laut eigenen Aussagen den US-Konzern berücksichtigen, weil ihre Software vom Server-Betriebssystem bis zum Büroprogramm eng mit Microsoft-Produkten verknüpft ist. Ein Umstieg auf andere Programme wäre mit hohen Kosten verbunden.
Die Bundesverwaltung vergab gemäss Zahlen der Beschaffungskonferenz des Bundes allein im Jahr 2023 rund 990 Millionen Franken ohne Ausschreibung. Davon flossen rund 340 Millionen, also über ein Drittel, in den Kauf von Hardware, Software und Informatikdienstleistungen. Neben Microsoft profitieren weitere IT-Konzerne, vor allem SAP, IBM und Oracle. Eine saldo-Analyse von Daten der Beschaffungsplattform des Bundes Simap zeigt: Die vier Konzerne erhielten seit 2014 vom Bund und von öffentlich-rechtlichen Betrieben Aufträge über 3,7 Milliarden Franken. Davon flossen 1,5 Milliarden ohne Konkurrenzofferten.
Überrissene Preiserhöhungen für Lizenzen
Die Technologiekonzerne setzen immer wieder überrissene Preiserhöhungen durch. Microsoft zum Beispiel kündigte im November 2024 Preiserhöhungen von bis zu 40 Prozent auf einige Microsoft-365-Produkte an. Zudem drängt der Konzern Kunden neue, selbstlernende Computerprogramme auf. SAP erhöhte im Sommer 2024 die Preise um bis zu 5 Prozent. Und auch Oracle erhöhte die Preise für seine Lizenzen immer wieder.
Der Bund verfügt eigentlich über ein Mittel gegen überhöhte Preise: In der Verordnung zum Beschaffungsgesetz ist ein «Preisprüfungsrecht» vorgesehen. Dieses muss aber mit den Unternehmen in den Verträgen abgemacht werden. Die Eidgenössische Finanzkontrolle dürfte dann bei Verträgen über 1 Million Franken, die ohne Konkurrenzofferten vergeben wurden, nachträglich prüfen, ob die Preise angemessen sind. Ist die Gewinnmarge zu hoch, kann der Bund Geld zurückfordern.
2021 veröffentlichte die Finanzkontrolle einen Prüfbericht zu 30 Verträgen. Bei 17 davon war der Preis zu hoch. Der Bund bekam rund 10 Millionen Franken zurück.
Oracle setzt sich über die Vorschriften des Bundes hinweg
Die Finanzkontrolle sagt dazu, wichtig sei vor allem die präventive Wirkung. Das heisst: Firmen kalkulieren die Preise vorsichtiger, wenn sie eine Kontrolle befürchten müssen. Bloss: Oracle etwa weigerte sich in den letzten Jahren, solche Klauseln zu akzeptieren – und kann sich gegen den Bund durchsetzen.
«Die IT-Hersteller wollen die Abhängigkeiten aufrechterhalten», sagt Matthias Stürmer, Professor an der Berner Fachhochschule. Aus seiner Sicht gäbe es «griffigere Mittel»: Der Bund müsse langfristig auf Open Source-Software setzen. Solche Computersysteme können von verschiedenen Anbietern betreut werden. Das führe zu mehr Wettbewerb und weniger Abhängigkeit, und man spare Steuergeld.
Millionenaufträge freihändig vergeben
Das waren die grössten ITAufträge der letzten vier Jahre, welche die Bundesverwaltung vergab – ohne Gegenofferten einzuholen:
- Microsoft: 140 Millionen Franken, Dezember 2024
- Oracle: 84 Millionen Franken, Oktober 2024
- Adnovum: 110 Millionen Franken, März 2024
- Red Hat: 107 Millionen Franken, Februar 2023
- SAP: 105 Millionen Franken, Februar 2023
- IBM: 102 Millionen Franken, Oktober 2021