Daniel Baltensperger aus Rümlang ZH erschrak, als er die Rechnung des Strassenverkehrsamts sah. Seine 17-jährige Tochter Joy hatte einen Lernfahrausweis beantragt. Als Diabetikerin musste sie eine Bestätigung ihres Arzts einreichen, dass sie gut eingestellt und in regelmässiger Kontrolle sei. Das Amt verlangte Fr. 114.55. Davon entfallen Fr. 84.55 auf die «ärztliche Zeugnisbeurteilung» und 30 Franken auf «Administrativaufwand».
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich schrieb Baltensperger, es habe nicht die «Kompetenz, ärztliche Berichte zu beurteilen». Es lasse diese daher von Verkehrsmedizinern prüfen.
Der Kanton Zürich verlangt 250 Franken, Freiburg 190 Franken
Für die Lernfahrerin fallen weitere Gebühren von mehreren 100 Franken an, bis sie den Fahrausweis in den Händen hat. Im Kanton Zürich betragen die Kosten fürs Erlangen des Fahrausweises insgesamt rund 250 Franken.
Andere Kantone sind günstiger. In Obwalden liegen die gesamten Kosten bei 210 Franken und in Freiburg bei 190 Franken. Das zeigen Zahlen des eidgenössischen Preisüberwachers. Das Zürcher Strassenverkehrsamt erzielt mit seinen Gebühren einen hohen Gewinn. Gemäss der Eidgenössischen Finanzverwaltung waren es vor drei Jahren 8,8 Millionen Franken.
Zürich ist kein Einzelfall. 19 der 26 kantonalen Strassenverkehrsämter nehmen insgesamt mehr ein, als sie ausgeben. Dazu gehören nebst Fahrprüfungen etwa auch Gebühren für das Austellen von Fahrzeugausweisen oder für die Motorfahrzeugkontrollen. Das geht aus den neusten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2022 hervor.
Der Preisüberwacher fordert seit Jahren Gebührensenkungen
Im Durchschnitt überstiegen die Einnahmen der Ämter deren Ausgaben um 15 Prozent. Der Kanton Tessin machte rund 60 Prozent Gewinn, Genf fast 50 Prozent, Bern 30 Prozent. In Zürich waren es 13 Prozent. Staatliche Gebühren dürfen eigentlich nur die Kosten für den Aufwand eines Amtes decken. Der Preisüberwacher Stefan Meierhans fordert deshalb seit Jahren, dass die Strassenverkehrsämter ihre Gebühren senken (saldo 20/2019).
Andere Kantone hätten die 17-jährige Joy Baltensperger für die Sichtung eines Arztzeugnisses nicht zur Kasse gebeten. Die Strassenverkehrsämter der Kantone Aargau, Basel-Stadt, Bern und Luzern zum Beispiel schreiben saldo, sie würden solche Zeugnisse im Normalfall nicht von einem Arzt begutachten lassen. Die Kantone Bern und Luzern erheben höchstens Begutachtungsgebühren, aber nicht auch noch eine Aufwandgebühr von 30 Franken wie der Kanton Zürich.
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich schreibt saldo: "Der Kostendeckungsgrad des Strassenverkehrsamts des Kantons Zürich lag in den vergangenen Jahren unter 100 Prozent." Unter anderem rechne man die Einnahmen aus den Kontrollschildauktionen nicht zu den Gebühren hinzu.