Seit mehr als 15 Jahren lassen saldo und «K-Tipp» regelmässig Ski- und Snowboardhelme für Kinder und Erwachsene in Fachlabors prüfen. Die Qualitätsunterschiede der Helme waren stets gross.
Eine einheitliche Sicherheitsnorm gab es lange nicht. Seit einigen Jahren hat sich die europäische Norm EN 1077 bei den Herstellern durchgesetzt. Die Sicherheit der getesteten Skihelme verbesserte sich. Die Helme dämpfen Stösse heute wirksamer als früher, schützen besser vor spitzen Gegenständen und die Kinnriemen sind nur noch selten ein Schwachpunkt.
Im letzten «K-Tipp»-Test von 2012 schnitten 8 von 15 geprüften Modellen nur genügend ab. Im aktuellen Test von saldo und der TV-Sendung «Kassensturz» sind noch drei Ski- und Snowboardhelme bloss genügend.
Helme von Uvex und Alpina mit der besten Stossdämpfung
Die Experten des TÜV Rheinland in Köln (D) testeten die Helme auf ihre Schutzwirkung (siehe Kasten «So wurde getestet» auf Seite 25). Resultat: Zwei Helme von Uvex und Alpina erhielten die Note «sehr gut». Sie dämpfen Stösse deutlich besser ab als die bei diesem Hauptkriterium nur genügenden Modelle von POC, 46 Nord, Smith und Salomon.
Die meisten Hersteller kommentieren die Testergebnisse nicht. Chrissports, der Schweizer Importeur des Giro-Helmes, weist auf eine Neuerung hin: Skihelme mit sogenannter Mips-Technologie sind mit einer beweglichen Helmschale ausgestattet. Sprich: Die harte Aussenschale kann sich wenige Millimeter drehen, während die Innenschale auf dem Kopf fest sitzen bleibt. Diese Technik soll die Rotationskräfte minimieren, die bei einem schrägen Aufprall auf das Gehirn wirken.
Aussagekräftige unabhängige Testresultate, welche die Wirksamkeit des Systems belegen, konnte saldo nicht finden.
Die Anforderungen der Prüfnorm sind viel zu tief
Das Tragen eines Helmes verbessert zwar die Sicherheit, sollte aber trotzdem nicht zum Rasen verleiten. Denn die Prüfbedingungen der aktuellen Norm sind im Vergleich zur Realität tief. So wird die Stossdämpfung der Skihelme im Labor bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 20 km/h getestet. Auf der Piste sind die meisten Skifahrer deutlich schneller unterwegs. Das zeigte eine Stichprobe des «Gesundheitstipp» bereits im Jahr 2010. Mit einer Radarpistole wurden auf der Piste die Geschwindigkeiten von Schneesportlern gemessen. Die meisten fuhren schneller als 30 km/h. Der gemessene Höchstwert lag bei 58 km/h. Selbst eine Anfängerin fuhr schon mit 17 km/h.
Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung fahren viele Schneesportler bis zu 50 km/h schnell. Ein solches Tempo hätte bei einem Aufprall ähnliche Auswirkungen wie ein Sturz aus 10 Metern Höhe. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Suva simulierte vor einigen Jahren mit Puppen Kollisionen auf der Piste bei 50 km/h. Resultat: Bei diesem Tempo ist mit schweren Verletzungen zu rechnen.
Stossen auf einer vielbefahrenen Piste zwei gleich schwere Skifahrer zusammen und sind beide mit 10 km/h unterwegs, entspricht die Aufprallgeschwindigkeit der Norm von 20 km/h. Das zeigt, dass die Anforderungen viel zu tief sind. Es handelt sich nur um Mindestanforderungen, die massgeblich von den Herstellern selbst festgelegt werden. Das geschieht über die nationalen und europäischen Normierungsvereinigungen, in denen die Hersteller Einsitz haben. Die Schweizerische Normenvereinigung SNV schreibt auf ihrer Homepage: «Mitgestaltung sichert Ihnen Wettbewerbsvorteile.» Über 600 Unternehmen und andere Institutionen sind Mitglied.
Für Helme von Skirennfahrern gelten höhere Mindestanforderungen. Gemäss den Regeln des internationalen Skiverbandes (FIS) müssen Rennhelme unter anderem von einem unabhängigen Labor bei einer höheren Geschwindigkeit geprüft sein. Die FIS verlangt eine Stossdämpfungsprüfung bei 25 km/h.
Das klingt auf den ersten Blick nach wenig, zumal Rennfahrer in der Abfahrt schneller als 100 km/h fahren. Aber: Bei einem Sturz rutschen die Profis über eine hindernisfreie Piste ohne Aufprallgefahr. Durch das Rutschen wird Tempo abgebaut. Zudem finden Rennen auf abgesperrten Pisten statt, die durch spezielle Fangnetze gesichert sind.
Nur ein gut sitzender Helm schützt
Helme sollten nach rund fünf Jahren oder nach einem harten Aufprall ersetzt werden. UV-Strahlung, Kälte und Stürze setzen dem Material zu. Wer einen neuen Helm kauft, sollte besonders darauf achten, dass er gut sitzt. Ein passender Helm muss auch mit Brille ohne Druckstellen bequem tragbar sein. Beim Anprobieren das Kinnband offen lassen und den Kopf hin und her schütteln. Dabei sollte der Helm satt sitzen und nicht wackeln.
So wurde getestet
Im Auftrag von saldo und der TV-Sendung «Kassensturz» hat das Kölner Fachlabor TÜV Rheinland zehn Ski- und Snowboardhelme für Erwachsene zu Preisen von 89 bis 200 Franken getestet. Alle Helme wurden nach der aktuell gültigen EU-Norm auf entsprechenden Prüfständen unter gleichen Bedingungen untersucht.
Stossdämpfung: Jeder Helm wurde auf einem Prüfkopf nach Herstellerangaben montiert und bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h auf eine Metallunterlage fallen gelassen. Sensoren massen den Verzögerungswert «g». Wird der Wert von 250 g überschritten, gilt der Test als nicht bestanden. Die ermittelten Werte im Test lagen zwischen 197 g für den besten Helm von Uvex und 242 g für den schwächsten Helm von Salomon. Die Prüfung wurde bei Raumtemperatur und bei minus 25 Grad Celsius durchgeführt.
Festigkeit Bändel und Verschluss: Wie stark verformen sich Bändel und Verschluss bei Belastung?
Durchstichfestigkeit: Dieser Test simuliert den Zusammenstoss mit spitzen Gegenständen wie Stöcken, Ästen oder Steinen. Im Test wurde ein spitzer Stahlkörper verwendet. Er durfte dabei den Prüfkopf nicht berühren.
Abstreiftest: Der Helm muss sicher auf dem Prüfkopf fixiert bleiben, wenn mit einem Ruck am Helm gerissen wird.