Viele Autos stehen häufig unbenutzt herum. Hier setzt die knapp ein Jahr alte Internetplattform Sharoo.com an: Sie verbindet Autobesitzer, die ihren Wagen kaum brauchen, mit Personen, die kein Auto haben, aber eines benötigen. Gemäss Sharoo-Geschäftsführerin Carmen Spielmann sind bereits über 500 Autos auf der Plattform aufgeschaltet. 10 200 Lenker haben sich als potenzielle Mieter registriert.
Kleinwagen, Limousine und Transporter werden angeboten
Für einen Praxistest als Mieter hat sich auch der saldo-Journalist auf der Plattform registriert. Nötig sind persönliche Angaben, eine Kreditkarten- und Handynummer sowie eine E-Mail-Adresse. Der Führerausweis muss als Bild hochgeladen werden. Sharoo überprüft den Ausweis. Das dauert ein paar Stunden. Danach steht der Automiete nichts mehr im Weg.
Die Karte mit den verfügbaren Autos zeigt 373 Fahrzeuge an – weniger als die offizielle Zahl. Grund: Nicht alle Vermieter schalten ihr Auto für alle Sharoo-Kunden frei. Angeboten werden Autos vor allem im Deutschschweizer Mittelland mit Schwerpunkten in grösseren Städten und Agglomerationen. In Bern und Umgebung etwa sind über 50 Fahrzeuge verfügbar. Mietbar ist fast alles: vom Kleinwagen über die Limousine bis zum Transporter. Sogar rund 30 Elektrofahrzeuge sind im Angebot. Die Mietpreise legen die Fahrzeugbesitzer selbst fest. Sie bewegen sich zwischen Fr. 3.90 und 30 Franken pro Stunde. Die Tagespauschale beträgt zwischen 30 und 150 Franken. Darin nicht enthalten sind die Versicherungskosten für Schäden am Fahrzeug.
Handy wird beim Fahrtantritt zur Fernbedienung
Die Wahl fällt auf einen Kia Cee’d mit Dieselantrieb in Neftenbach ZH – unweit vom Wohnort des Schreibenden. Wie die meisten Fahrzeuge auf Sharoo ist der Kia nicht sofort buchbar. Erst muss der Besitzer oder die Besitzerin im Internet das Einverständnis geben. Die Antwortzeit beträgt maximal 24 Stunden.
Im konkreten Fall liegt die Zusage bereits nach einigen Minuten vor. Mit wenigen Mausklicks ist die Buchung definitiv. Zum vereinbarten Zeitpunkt wird das Auto übernommen. Dazu loggt man sich vor Ort mit dem Handy bei Sharoo ein. Nötig ist eine spezielle App, die gratis für Android- und Apple-Smartphones erhältlich ist. Dann wird das Handy zur Fernbedienung: Ein Schlüsselsymbol erscheint auf dem Bildschirm. Nach dem Antippen des Schlüssels entriegeln sich die Türen. Möglich macht das eine im Auto eingebaute Sharoo-Box sowie die aktivierte Bluetooth-Verbindung des Handys. Der Autoschlüssel findet sich im Türfach auf der Beifahrerseite. Das Auto ist in gutem Zustand und fährt sich bequem. Dank dem grossen Kofferraum kann der vorgesehene Transport problemlos durchgeführt werden. Nach knapp vier Stunden und 71 zurückgelegten Kilometern parkiert saldo das Fahrzeug wieder am ursprünglichen Ort. Ist das Auto sauber und abgeschlossen, der Tank noch zu einem Viertel gefüllt und wurden allfällige Schäden gemeldet? Nach dem Ausfüllen dieser Checkliste kann die Buchung beendet werden.
Am gleichen Tag landet die Abrechnung im E-Mail-Postfach, die Kreditkarte wird belastet. Fr. 58.70 kosteten die vier Stunden Automiete. Der Preis setzt sich so zusammen: Je 6 Franken Miete und 5 Franken Versicherung pro Stunde, also total 44 Franken. Darin sind 50 Fahrkilometer inbegriffen. Die zusätzlichen Kilometer schlugen bei diesem Auto mit je 70 Rappen zu Buche. Das ergab einen Zuschlag von Fr. 14.70.
Billiger als mit einem Mobility-Fahrzeug oder bei der Autovermietung
Das in Neftenbach stationierte Mobility-Auto hätte mehr gekostet: Inhaber eines Mobility-Jahresabos hätten für diese Fahrt Fr. 63.90 bezahlt – die Abogebühr von 290 Franken nicht eingerechnet. Kunden des Angebots Click & Drive von Mobility (ohne Abogebühr) wären auf 68 Franken gekommen, also auf Fr. 9.30 mehr als mit Sharoo.
Richtig teuer wird es, wenn man ein Fahrzeug bei einer Autovermietung ordert. Ein vergleichbares Auto wie das bei Sharoo gemietete hätte für die benötigte Zeit und Fahrt bei Mietauto AG in Winterthur-Töss 88 Franken gekostet, bei Europcar Winterthur – bei Zahlung via Internet – sogar Fr. 162.05.
So funktionierts: Das Privatauto zum Mietauto machen
- Zielgruppen: Auf der Schweizer Webplattform Sharoo.com kann sich jedermann registrieren und sein Privatfahrzeug zur Miete anbieten oder sich zur Fahrzeugnutzung anmelden.
- Trägerschaft: Das Jungunternehmen gehört mehrheitlich der Migros-Tochter M-Way. Mitbesitzer sind die Versicherungsgesellschaft Mobiliar und die Genossenschaft Mobility. Sharoo verdient an jeder Vermietung: Je nach Modell, das der Vermieter wählt, kassiert Sharoo 5 bis 30 Prozent der Mieteinnahmen.
- Technik: Damit der Zugang zum Auto ohne Schlüsselübergabe funktioniert, muss ein sogenanntes Access Kit eingebaut werden. Die Kosten von jeweils 399 Franken hat Sharoo bisher übernommen.
- Auslastung: Beim Anklicken eines Fahrzeugs erscheinen die Bewertungen vorheriger Mieter. Viele Autos wurden aber noch gar nie gebucht. Sharoo-Geschäftsleiterin Carmen Spielmann glaubt, dass es nur «eine Frage von Zeit und Bekanntheit» ist, bis die Nutzung steigt. Immerhin: Der Rekordhalter in Zürich hat schon 120 Mal vermietet.
- Vermietererfahrung: Für Sandra S. aus Neftenbach ZH war der saldo-Journalist der Erstmieter. Allerdings ist sie erst seit Anfang Februar Mitglied bei Sharoo. Die 26-Jährige fährt nach einem Umzug bequem per Velo zur Arbeit. Ihr Auto steht nun meist ungebraucht auf dem Parkplatz. Ihr ist wichtig, dass es besser genutzt wird. Die Mieteinnahmen sind zweitrangig.
- Versicherung: Als Sharoo-Partner sammelt die Mobiliar Daten über das Risiko von Kurzzeitvermietungen und profitiert von happigen Versicherungsprämien. Je nach Wert des Autos bezahlt der Mieter laut Spielmann in der Regel 5 bis 8 Franken Prämie pro Stunde. Der Vermieter muss seine Versicherung über das Teilen des Autos vorgängig informieren. In manchen Fällen resultiert dann eine Prämienerhöhung.