Agent 007 gewinnt im James-Bond-Film «Casino Royale» aus dem Jahr 2006 ein Pokerturnier. Bond und seine Geliebte müssen auf einer Tastatur Kontonummer und Passwort eingeben, um die erspielten 120 Millionen Dollar zu erhalten. Sofort bestätigt die Schweizer Bank: «Das Geld wurde überwiesen.»
In der Realität dauert die Transaktion heute noch wesentlich länger.
Überweisungen werden absichtlich verzögert
Per Internet kann man zwar rund um die Uhr Überweisungen in Auftrag geben. Die Banken führen die Aufträge aber nur an Bankwerktagen aus. An Wochenenden und Feiertagen passiert gar nichts, obwohl alles vollautomatisiert abläuft. So kam es zum Beispiel beim letzten Jahreswechsel zu langen Verzögerungen: Banken führten Zahlungsaufträge, die Kunden am Abend des 29. Dezembers aufgegeben hatten, erst am 3. Januar aus (saldo 1/2018).
Je nach Bank müssen Zahlungsaufträge an Werktagen bis am Mittag oder früher im System eintreffen, damit sie am gleichen Tag abgewickelt werden. Wer spät dran ist, kann bei einigen Banken einen Expresszuschlag zahlen. Credit Suisse und UBS verlangen dafür 3 Franken. Dann wird der Auftrag – sofern er bis 16 Uhr eintrifft – noch am gleichen Tag ausgeführt.
Im Idealfall landet das Geld wenige Minuten nach Überweisung auf dem Empfängerkonto. Je nach Bank des Empfängers ist der Betrag aber erst am folgenden Tag verfügbar. «Das hängt davon ab, wie schnell eine Bank die Gutschriften im Zahlungssystem an ihre Zahlungsempfänger verteilt», erklärt Jürg Schneider von der Six Group. Die Firma wickelt Geldtransfers für Banken ab.
Die Postfinance schiebt bei Zahlungen mit orangen Einzahlungsscheinen zwischen der Erfassung im Internetbanking und der Überweisung immer einen Tag dazwischen. Das macht sie auch beim papiergebundenen Zahlungsverkehr. Dort nutzt sie die Verzögerung, um das Geld an den Geldmärkten anzulegen. So decke man «einen Teil des Aufwands, welchen die Verarbeitung der Aufträge verursacht», erklärt Postfinance-Sprecherin Tatjana Guggisberg.
Bei 1100 Banken in der EU dauert die Überweisung zehn Sekunden
In der EU sind die Banken kundenfreundlicher: Letzten November legten sie einen neuen Standard fest, wonach Internetzahlungen in Euro innert maximal zehn Sekunden auf dem Konto des Empfängers landen – und das rund um Uhr, an jedem Tag im Jahr. Die Höchstgrenze für diese Echtzeitüberweisungen liegt bei 15 000 Euro. Jede Bank entscheidet selbst, ob sie an diesem Verfahren teilnehmen will. Zurzeit haben 1100 Banken aus 16 Ländern, vornehmlich aus Deutschland und Österreich, zugesagt. Seit Juli können die rund 50 Millionen Kunden des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Blitzüberweisungen vornehmen, sofern die Empfängerbank auch am Verfahren teilnimmt. Die Kunden zahlen für den schnellen Service in der Regel zwischen 20 Cent und 2 Euro.
Die Schweizer Banken stehen abseits. Keine nimmt am EU-Verfahren teil. Es ist nicht geplant, ein nationales Echtzeit-Überweisungssystem einzuführen. Die Raiffeisenbank etwa argumentiert, das bestehende Schweizer Zahlungsverkehrssystem funktioniere «sehr gut», weshalb kein «dringender Handlungsbedarf» bestehe. Die Schweizerische Bankiervereinigung und die Six Group sehen ebenfalls keinen Grund, aktiv zu werden.