Die Armeeapotheke muss 740 000 PCR-Tests, vier Millionen OP-Masken, fast eine Million Wattestäbchen und Röhrchen sowie Hunderttausende Plastikfilter für Pipetten entsorgen. Grund: Das Material hat zwischen Januar und Mai das Verfallsdatum überschritten.
Die Armeeapotheke kaufte diese Produkte trotz kurzer Haltbarkeit vor gut einem Jahr für 22 Millionen Franken ein. Das ergeben saldo-Berechnungen auf Basis von Armeeangaben. Die Schutzmasken kosteten 4,2 Millionen Franken, die Corona-Testmaterialien 6 Millionen und die PCR-Tests 12 Millionen Franken.
Total besorgte die Armeeapotheke damals Testmaterial für knapp 24 Millionen und Masken für 22,7 Millionen Franken. Sie zahlte teils überhöhte Preise, etwa für die FFP2-Masken.
Ramschaktion der Armee bringt wenig ein
Um die Materialien loszuwerden, bot die Armeeapotheke diese Anfang März Kantonen, Kantonsapothekern und Labors zum Kauf an – zu einem Drittel des Einkaufspreises. Masken kosteten sogar nur einen Rappen pro Stück. Die Armee nahm durch die Verkäufe etwa von PCR-Tests oder Entnahmekits gemäss saldo-Berechnungen nur gerade 681 500 Franken ein. Der Rest blieb liegen.
Die Ramschaktion läuft weiter. Die Armee bietet unter anderem den Kantonen seit Ende Mai 60 Millionen Masken an – diesmal gratis. Zudem verkauft sie an Labors und Drogerien weitere Testutensilien – etwa ein nagelneues PCR-Testgerät für 49 780 Franken oder Reagenzflüssigkeiten zur Testauswertung. Die Haltbarkeit der meisten Produkte läuft im Frühjahr 2022 ab.
Im März 2020 beauftragte der Bundesrat die Armeeapotheke, Sanitätsmaterial für das gesamte Gesundheitswesen zu beschaffen. Die Solothurner SP-Nationalrätin Franziska Roth kritisiert heute: «Die Armeeapotheke war mit dem neuen Auftrag überfordert.»
Armeesprecher Stefan Hofer räumt ein, dass die Armeeapotheke durch die plötzliche Steigerung des Beschaffungsvolumens anfangs «extrem stark gefordert» war. Die Armeeapotheke habe aber nach einigen Monaten Zusatzpersonal bekommen und ihre «medizinische und pharmazeutische Kompetenz» gesteigert.
Abgelaufenes Material wird vernichtet
Was passiert mit dem abgelaufenen Material? Einen Einsatz im Labor schliesst der Präsident des Verbands der medizinischen Laboratorien der Schweiz, Nicolas Vuilleumier, aus: «Die Vorschriften erfordern, dass Labors nur Testmaterialien mit gültigem Verfallsdatum verwenden.» Zum Beispiel könnten die in Testkits enthaltenen Chemikalien ihre volle Wirksamkeit einbüssen.
Auch die Masken sind regulär nicht mehr zu gebrauchen. Gemäss Bundesamt für Gesundheit übernehmen die Hersteller «keine Verantwortung mehr» für ihre Qualität. Armeesprecher Stefan Hofer sagt: «Falls keine Lösung gefunden wird, wird dieses Material vernichtet.»