Seit Anfang 2014 nehmen Migros und Coop nicht nur die PET-Getränkeflaschen unentgeltlich zurück, sondern auch die Plastikflaschen aus Hochdruck-Polyethylen (PE). Dazu gehören Kunststoffflaschen etwa für Waschmittel, Shampoo, Essig, Öl oder Milch.
Allerdings: Auch Tragtaschen, Fleischverpackungen, Luftpolsterfolien sowie Joghurtbecher sind aus Kunststoffen hergestellt. Sie alle wandern in den Müll. Dabei wären sie wiederverwertbar.
Das Bundesamt für Umwelt hat im Jahre 2012 die Zusammensetzung des Haushaltskehrichts untersucht. Der Kunststoffanteil betrug 13,2 Prozent. Gemäss dem Bericht «Kunststoff-Verwertung Schweiz» des Bundesamts werden nur 10,3 Prozent aller Kunststoffabfälle, inklusive Industrie und Gewerbe rezykliert. Das Amt erachtet deshalb das «brachliegende Potenzial für ein Recycling» als «beträchtlich».
Bei den Kantonen ist diese Botschaft noch nicht angekommen: Der Zürcher Regierungsrat lehnte kürzlich die flächendeckende Kunststoffsammlung und eine verbesserte Wiederverwertung ab. Das Recycling von Kunststoffen sei «eine grosse Herausforderung» und teuer. Die Gemeinden sollten keine eigenen Sammelstellen einrichten und stattdessen das Engagement von Migros und Coop unterstützen.
Aus Joghurtbechern werden Bauteile für die Autoindustrie
Die Stadt Zug sammelt seit 15 Jahren gemischte Kunststoffabfälle von Haushalten. Das Sammeln sei aber teuer und verwertbar seien maximal 40 Prozent. Ab 2016 beschränken sich Stadt und Kanton Zug deshalb auf PE-Flaschen.
In den meisten EU-Ländern hingegen wird Plastik separat gesammelt. Beispiel Österreich: Kunststoffverpackungen aus Haushaltungen werden flächendeckend gesammelt und mehrheitlich vor der Haustüre abgeholt. Das Gesetz gibt vor, dass mindestens 50 Prozent wiederverwertet und nicht verbrannt werden. Aus Tragtaschen werden Müllsäcke oder Bewässerungsrohre, aus Joghurtbechern Bauteile für die Auto- oder Elektroindustrie und aus Ketchup-Flaschen Pflanztöpfe oder Büroartikel. Die Erlöse sind jedoch geringer als die Kosten für Sammlung und Sortierung der Kunststoffe. Für zusätzliche Einnahmen sorgt eine vorgezogene Entsorgungsgebühr auf Kunststoffprodukten.
Die Erfahrungen sind positiv. Zudem werden gemäss Christian Mayer, Sprecher von Altstoff Recycling Austria, Ressourcen geschont und Treibhausgasemissionen vermieden. Michael Hügi von der Abteilung Abfall und Rohstoffe des Bundesamts für Umwelt hält das österreichische Kunststoffsammelsystem für teuer und ökologisch zweifelhaft. Dem widerspricht Markus Tonner, Geschäftsführer von Innorecycling in Eschlikon TG. Das Recyclingunternehmen verkauft in der Schweiz Sammelsäcke für Haushaltskunststoffe (www.sammelsack.ch). Die Kosten für einen 60-Liter-Sammelsack betragen zwischen Fr. 2.70 und Fr. 3.80, je nach Gemeinde. Ebenfalls von der Gemeinde hängt es ab, ob die Haushalte die gefüllten Säcke zu einer Sammelstelle bringen müssen oder am Strassenrand abholen lassen können.
Wiederverwertung erhält Rohstoffe und vermeidet Emissionen
Markus Tonner lässt die Haushaltkunststoffe in einer hochmodernen Sortieranlage im österreichischen Lustenau voneinander trennen. Danach kann Innorecycling laut eigenen Angaben zwischen 50 und 60 Prozent des Kunststoffs rezyklieren.
Das lohne sich für die Umwelt, hält Tonner fest: Rohstoffe bleiben erhalten. Und es werden gegenüber der Verbrennung in Kehrichtanlagen Emissionen eingespart. Sobald genügend Sammelgut vorhanden ist, will Innorecycling eine eigene Sortieranlage in der Schweiz bauen.
Der Weg der Schweizer Plastikflaschen
Seit 2014 sammeln Migros und Coop leere Plastikflaschen aus Polyethylen (PE). Zurückgenommen werden alle Kunststoffverpackungen, die einen Deckel haben. Bei der Migros ist das Sammelsystem für PE-Flaschen flächendeckend. Coop will bis Ende Jahr alle Filialen mit Boxen ausgerüstet haben. Über die Hälfte der zurückgebrachten PE-Flaschen verkauft die Migros an die Innorecycling in Eschlikon TG. Diese verarbeitet die Flaschen in der Schweiz zu einem Granulat. Die restlichen Flaschen gehen nach Deutschland, wo daraus ebenfalls Granulat wird.
Coop hat die PE-Flaschen bisher im grenznahen Ausland aufbereiten lassen. Seit Ende Mai werden sie bei Müller Recycling in Frauenfeld in einer neu erstellten Anlage sortiert und zu Granulat verarbeitet. Das Granulat wird für Produkte wie Rohre oder Kabelummantelungen verwendet.
PET-Getränkeflaschen werden in der Schweiz seit 25 Jahren gesammelt. Laut Bundesamt für Umwelt beträgt die Rücklaufquote über 80 Prozent. Der Grossteil des Sammelguts wird in der Schweiz sortiert und aufbereitet (saldo 12/13). 63 Prozent des PET-Granulats wird für die Herstellung neuer Flaschen verwendet. Der Rest landet in Produkten wie Faserpelzen oder Verpackungen.