Die Weltbank untersucht jedes Jahr in 189 Ländern die Bedingungen für die Privatwirtschaft, besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Das sind Firmen mit bis zu 250 Angestellten. In zehn verschiedenen Bereichen analysieren Ökonomen staatliche Vorschriften und die sich daraus ergebenden Kosten für die Unternehmen – von der Gründung bis zur Auflösung.
Laut dem neusten Ranking hat sich das Umfeld für die KMU weiter verschlechtert. Im Jahr 2007 belegte die Schweiz den 15. Platz. Letztes Jahr lag sie noch auf Platz 27, jetzt 29. Gemäss der Bewertung durch die Weltbank büsste die Schweiz in den vergangenen Jahren als Wirtschaftsstandort deutlich an Attraktivität ein.
Investoren sind in der Schweiz kaum geschützt
Spitze ist laut der Rangliste 2014 der Stadtstaat Singapur, gefolgt von Hongkong, Neuseeland und den USA. Vor der Schweiz liegen aber auch 13 europäische Staaten, darunter Dänemark, England, Deutschland und Holland. Schlecht abgeschnitten hat die Schweiz vor allem wegen hoher bürokratischer Hürden bei der Gründung einer Firma und wegen des schwachen Schutzes von Investoren.
Konkret: Wer in der Schweiz eine GmbH oder AG gründen will, muss sechs Hürden überwinden. Dazu gehören der Besuch beim Handelsregisteramt und Notar. Für eine Unternehmensgründung benötigt man laut Weltbank mindestens 18 Tage. Ferner haben Firmengründer für eine GmbH ein Mindestkapital von 20 000 Franken einzuzahlen. Zum Vergleich: In Neuseeland lässt sich ein Unternehmen per Internet in weniger als einem Tag gründen. Ein Mindestkapital ist nicht nötig.
Weit hinten rangiert die Schweiz beim Thema Investorenschutz, nämlich auf Platz 170 von 189. Gründe: Investoren sind bei Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens nicht geschützt. Wer Kapital zur Verfügung stellt – also etwa ein Darlehen gewährt, geht häufig leer aus. Und das Betreibungsrecht erschwert den Gläubigern das Eintreiben von Geld, das ihnen zusteht.
Henrique Schneider, beim Schweizerischen Gewerbeverband für Wirtschaftspolitik zuständig, erklärt das immer schlechtere Abschneiden der Schweiz mit zwei Faktoren: Einerseits hätten sich andere Länder in den letzten Jahren ins Zeug gelegt und bürokratische Hürden abgebaut. So ist beispielsweise Litauen innert Jahresfrist um acht Plätze vorgerückt und liegt nun auf Rang 17. Andererseits verkompliziere die Schweiz tendenziell die Regelwerke, statt sie zu vereinfachen, sagt Schneider. Während sich in immer mehr Ländern die Firmengründung einfach erledigen lasse, brauche es in der Schweiz immer noch viel Aufwand.
Für den Gewerbeverband zeigt der Weltbank-Vergleich, dass in der Schweiz eine Reduktion und Vereinfachung von Gesetzen und Vorschriften nötig ist. Zudem müssten KMU administrativ entlastet werden. Das schaffe gute Voraussetzungen zur Entfaltung von Unternehmen und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Bundesrat hat Massnahmenkatalog präsentiert
Das Staatssekretariat für Wirtschaft sieht in der Erhebungsmethode der Weltbank «gewisse Mängel». Dennoch gebe der Vergleich Hinweise, wo Verbesserungspotenzial liege. Die Bemühungen des Bundes zum Bürokratieabbau zielten aber nicht primär auf eine Verbesserung im internationalen Vergleich, sondern auf «die reale Situation in der Schweiz». So hat der Bundesrat letzten Dezember einen Bericht veröffentlicht. Darin schätzt er die Kosten, die Gesetze bei den Unternehmen verursachen, auf 10 Milliarden Franken pro Jahr. Auch präsentierte er 32 Massnahmen, welche diese Kosten für die Wirtschaft verringern sollen – darunter Vereinfachungen bei Mehrwertsteuer, Zollverfahren, Baurecht oder AHV.
Was davon umgesetzt wird, muss sich erst weisen. Schon vor 20 Jahren hat der Bundesrat angekündigt, unsinnige Gesetze und Bürokratie abzubauen. Viel ist daraus nicht geworden.
Selbständigkeit: Eine Firma gründen
In der Schweiz gibt es laut Bundesamt für Statistik rund 550 000 Unternehmen. Bei 99,8 Prozent davon handelt es sich um kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 250 Angestellten. Wer den Schritt in die Selbständigkeit wagen will, muss vieles vorher abklären und festlegen. Dazu gehören etwa das Businessmodell, die Finanzierung oder die Wahl der geeigneten Rechtsform der künftigen Firma. Während die Gründung eines Einzelunternehmens verhältnismässig einfach ist, ist der Aufwand für die Bildung einer GmbH oder Aktiengesellschaft nicht zu unterschätzen.
Nützliche Websites: www.startbiz.ch, www.gruenden.ch, www.kmu.admin.ch, www.zefix.admin.ch
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