Ein 29-Jähriger Zürcher wollte die Matura nachholen. Er meldete sich bei einem Erwachsenengymnasium in der Stadt Zürich an. Dieses sollte ihn in einem Jahr maturareif ausbilden. Das Schulgeld betrug mehrere Zehntausend Franken. Der Schüler bezahlte es in monatlichen Raten. Doch statt mit dem Schulabschluss endete die Zeit des Schülers an diesem Gymnasium mit einem psychischen Zusammenbruch – und einer Klage vor Gericht.
Das erste halbe Schuljahr lief für den jungen Mann gut. Doch dann begannen die Mitschüler, den 29-Jährigen im Klassenchat mit Worten und belästigenden Bildmontagen zu verhöhnen. Der Betroffene erlitt daraufhin einen psychischen Zusammenbruch. Anfang 2022 brach er die Ausbildung ab und fordert nun vor dem Bezirksgericht Zürich das bereits bezahlte Schulgeld von 13'325 Franken zurück.
Ein Penisbild und versalzene Getränke
Seine Anwältin hatte dem Bezirksgericht eine schriftlich begründete Klage eingereicht. Deshalb kommt bei der Verhandlung zuerst die Schule als Beklagte zu Wort.
Der Leiter und der Verwaltungsratspräsident der Schule fordern die Abweisung der Klage. Der Schulleiter räumt ein, dass die anderen Schüler mit den belästigenden Handlungen begonnen hätten. «Der Kläger besuchte die Schule mehrere Monate lang. Er war unauffällig.»
Es treffe zu, dass die anderen Schüler dem Kläger unangemessene Bilder zugeschickt hätten, darunter auch ein Penisbild. Zudem hätten ihm die Schulkollegen die Getränke versalzen.
Der Kläger habe aber ebenfalls verwerfliche Nachrichten und Bilder verschickt. «Wir führten ein Disziplinarverfahren durch und verhängten gegen die anderen Schüler Sanktionen.» Alle Beteiligten seien verwarnt worden. Ausserdem habe die Leitung mit Schulausschluss gedroht.
Die Schule habe also aktiv nach einer Lösung gesucht. «Wir boten dem Kläger auch an, den Lehrgang im kommenden Jahr in einer anderen Klasse fortzusetzen.» Damit sei er aber nicht einverstanden gewesen. Stattdessen habe der Kläger den Ausschluss der anderen Schüler und die Entlassung der verantwortlichen Lehrer sowie eine Entschädigung gefordert.
Auch der schikanierte Schüler erhielt einen Verweis
Gemäss der Anwältin des Klägers verletzte die Schule Ordnungs- und Aufsichtspflichten. «Die Schule liess zu, dass mein Mandant ein Opfer von Diskriminierung wurde.» Zudem habe ihm die Schule einen Verweis erteilt und verboten, mit den Mitschülern in Kontakt zu treten. «Er wurde mundtot gemacht.» Die psychische Erkrankung sei die Folge der Diskriminierung. «Mein Mandant konnte nicht ins Schulzimmer zurückkehren.»
Der Schulleiter wehrt sich: «Wir haben ihn nicht mundtot gemacht.» Die Schule habe während des Disziplinarverfahrens nur versucht, die Schüler voneinander fernzuhalten. Und der Kläger habe einen Verweis erhalten, weil auch er «verwerfliche Kurznachrichten» verschickt habe.
Die Einzelrichterin unterbricht die Verhandlung, um sich mit der Gerichts-schreiberin zu besprechen. Nach den Vergleichsgesprächen kommt die Vorsitzende zu folgender Beurteilung:
Die Schule habe angemessen gehandelt, die Forderung des Klägers sei aussichtslos. Daraufhin zieht der ehemalige Schüler die Klage zurück und begleicht die Gerichtskosten von 1200 Franken.
Vorsicht bei teuren Ausbildungen
Ausbildungsgänge kosten schnell einmal mehrere Zehntausend Franken. Privatschulen und Lehrinstitute sehen im Vertrag oft vor, dass Schüler und Studenten auch bei einem vorzeitigen Ausstieg das volle Schulgeld zahlen müssen. Das gilt selbst dann, wenn der Auszubildende den Kurs unverschuldet – etwa wegen einer Krankheit oder eines Unfalls – abbricht.
So verpflichteten zum Beispiel das Solothurner und das Zürcher Obergericht Schüler, das ganze Schuldgeld trotz Abbruch aus Krankheitsgründen nachzuzahlen. Aus diesem Grund ist es wichtig, den Vertrag vor dem Abschluss genau zu prüfen und über eine Änderung solcher Vertragsklauseln zu verhandeln.