Zum Jahreswechsel richtete sich der Schweizer Schauspieler Carlos Leal auf Facebook in einerVideobotschaft an seine Fans. Der in Los Angeles aufgenommene Beitrag wirkt wie ein privates Video. «Die Natur wird immer Nummer eins sein, wir müssen die Regeln der Natur respektieren», doziert Leal auf Englisch vor der Kamera. Und ruft dazu auf, viel Wasser zu trinken. Dabei nimmt er einen kräftigen Schluck aus einer Flasche Evian.
Am selben Tag publizierte das Model Kevin Lütolf auf Facebook ein Foto. Er sitzt irgendwo bei Arosa an der Sonne im Schnee und hat ein Plakat in der Hand: «Eine Regel für gesünderes Leben? 2017 weniger Alkohol, mehr Wasser!» Ebenfalls im Bild – eine Flasche Evian.
Im letzten Sommer liess sich Ex-Miss-Schweiz Kerstin Cook auf dem New Yorker Times Square fotografieren und publizierte das Bild auf der Foto-Plattform Instagram: «Gruess us New York mit me Stückli Heimat.» In der Hand hält Kerstin Cook einen Caffè Latte von Emmi.
Food-Bloggerin und Model Sylwina erläuterte vor ein paar Wochen auf Instagram die Vorzüge der Microsoft-Produkte «One Drive» und «Office 365». Anfang Jahr gelobte auch sie im Auftrag von Evian, weiterhin einen gesunden Lebensstil zu pflegen.
Diese Prominenten werden in der Werbebranche «Influencer» genannt. Sie sollen im Auftrag von Firmen hauptsächlich junge Leute beeinflussen. Die Stars und Sternchen haben auf Plattformen wie Facebook oder Instagram viele Followers. Das sind Fans, die regelmässig mitverfolgen, was ihre angehimmelten Berühmtheiten dort über sich preisgeben.
Bloggerin Sylwina: «Ein kleiner, spontaner Nebenerwerb»
Für die Promis ist diese Schleichwerbung eine zusätzliche Einnahmequelle. Wie hoch die Honorare sind, wollen sie saldo nicht sagen. Sylwina bezeichnet die bezahlte Schwärmerei für Produkte als «kleinen, spontanen Nebenwerb» – eine sichere Einnahmequelle sei es für sie nicht.
Der Preis einer solchen Werbekampagne richtet sich nach dem Prominentenstatus und der Reichweite des Influencers sowie der Anzahl Meldungen, die er auf der Plattform platziert. Im Einzelfall verlangen Marketingagenturen von den Auftraggebern für eine umfangreiche Kampagne 200 000 bis 300 000 Franken. Wer es günstiger wünscht, bekommt aber schon für 2000 bis 3000 Franken einzelne Posts (Beiträge auf den Netzwerken), wie Fabian Plüss sagt. Er ist Inhaber der Zürcher Marketingagentur Kingfluencers, die einen Pool von rund 1000 Influencern führt. Dank persönlichen Profilen kann die Agentur ihren Kunden jene Influencer vorschlagen, die am besten zum gewünschten Produkteimage passen.
Der Vorteil für die Firmen bei Werbung über Internetnetzwerke: Dort können sie die Zielgruppe präziser ansprechen als bei andern Medien. Denn die Internetsurfer hinterlassen bereitwillig oder unwissend ihre Spuren. Influencer wissen viel über ihre Fans – dank der Statistikfunktionen von Portalen wie Facebook oder Instagram. Diese analysieren Alter, Geschlecht, Wohnort und Vorlieben genau – und auf welche Art Beiträge sie üblicherweise ansprechen.
Zu den Ausgaben für solche Werbekampagnen hüllen sich die Firmen in Schweigen. Weder Emmi noch die Post wollen dazu etwas sagen. Auch Microsoft und Heineken legen die Kosten nicht offen.
Agentur verspricht mehr Transparenz
In den USA wird solche Werbung gekennzeichnet (beispielsweise #ad). In der Schweiz arbeiten die Werber lieber mit Werbung, die man nicht sofort als solche erkennt. Im Lauf der saldo-Recherchen hat immerhin die Agentur Kingfluencers versprochen: Bei künftigen Kampagnen werde man darauf beharren, dass die Influencer bei Werbebotschaften die Kennzeichnungen «#ad» oder «#sponsored» verwenden.