Lena S. aus Basel liess sich 2016 eine Verhütungsspirale der spanischen Firma Eurogine einsetzen. Drei Jahre später bemerkte sie, dass sie einen abgebrochenen Arm der t-förmigen Kupferspirale mit der Regelblutung ausgeschieden hatte. Die hormonfreie Spirale büsste ihre Wirkung ein. Kurz darauf stellte ein Arzt bei ihr eine Eileiterschwangerschaft fest. Sie musste die befruchtete Eizelle und Reste der Spirale operativ entfernen lassen. Die 29-Jährige schilderte Eurogine ihren Fall via E-Mail, erhielt aber nie eine Antwort.
Auch Rebecca L. aus Basel setzte auf eine Eurogine-Spirale. Im November 2019 stellte sie fest, dass diese ausgeschieden wurde – bis auf ein abgebrochenes Ärmchen. Es folgte eine OP, um das Ärmchen zu finden und zu entfernen. Eurogine weigerte sich, die Behandlungskosten in Höhe von 3000 Franken zu übernehmen.
Hersteller will Geschädigten nur ein paar Hundert Franken zahlen
Wie viele Frauen in der Schweiz durch die Spiralen geschädigt wurden, ist unklar. Eurogine gibt keine Auskunft über Verkaufszahlen und Schadenmeldungen. Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic zählte neun Meldungen. Die Behörde sah aber keinen Grund zu handeln. Eurogine habe 2018 und 2019 mit Sicherheitswarnungen an Fachärzte bestimmte Chargen der Modelle Ancora, NovaPlus und Gold T. zurückgerufen.
Eurogine schreibt saldo auf Anfrage, dass nach dem Rückruf noch 890 möglicherweise fehlerhafte Spiralen auf dem Schweizer Markt waren. Frankreich handelte entschlossener: Im Dezember 2019 verboten die Behörden den Verkauf der Spiralen.
Eurogine-Anwalt Clemens Haller räumt ein, dass es bei den Spiralen «teilweise zu Brüchen gekommen ist». Grund seien Fabrikationsfehler aufgrund von schadhaftem Ausgangsmaterial. Es komme aber nur bei einer von 200 betroffenen Spiralen zu einem Bruch – mit «äusserst geringfügigen» Folgen. Selbst bei einer operativen Entfernung entstünden nur «leichte Beschwerden». Eurogine hält ein «Schmerzensgeld im niedrigen dreistelligen Bereich» für angemessen – falls eine Produkthaftung bestehe.
Peter Kolba, Anwalt des österreichischen Verbraucherschutzvereins, wirft Eurogine vor, «die Anzahl und Schwere der Schäden herunterzuspielen». Der Verein vertritt 750 Geschädigte aus Österreich, 60 aus Deutschland und 6 aus der Schweiz. Sie klagten darüber, dass abgebrochene Spiralenteile heftige Unterleibsschmerzen verursachten, die Gebärmutterwand verletzten und in die Bauchhöhle eindrangen. Oft sei eine Operation nötig. Schweizerinnen können dem Verein beitreten. Kolba will mit einer Sammelklage eine «angemessene»Entschädigung herausholen. Deren Höhe hänge davon ab, wie stark die Schmerzen gewesen seien, die eine Frau wegen der fehlerhaften Spirale durchmachen musste.
Nur erprobte Modelle nutzen
Die Kupferspirale ist die beliebteste hormonfreie Verhütungsmethode, sagt Franziska Wirz von der Beratungsstelle Appella. Die Spirale kann allerdings die Blutung und Menstruationsschmerzen verstärken. Wirz rät Frauen, sich nur ein erprobtes Modell einsetzen zu lassen.