Der rund 40-jährige Wohnungsbesitzer erscheint vor dem Einzelrichter des Bezirksgerichts Dielsdorf ZH in Begleitung seines Anwalts. Das beklagte Bauunternehmen ist eine Aktiengesellschaft. Sie lässt sich ebenfalls anwaltlich vertreten.
Der Sachverhalt ist weitgehend unbestritten. In einem schriftlichen Werkvertrag verpflichtete sich die Bauunternehmung, für den Auftraggeber und heutigen Kläger eine 5,5- Zimmer-Wohnung zu erstellen. Dieser hat die Wohnung im Mai 2012 abgenommen, den folgenschweren Mangel damals aber noch nicht entdeckt. «Erst einen Monat später fiel meinem Klienten eine Bodenwandfuge auf, die nicht richtig abgedichtet worden war», sagt sein Anwalt vor Gericht. Deshalb sei Wasser in den Vorratsraum auf dem Balkon eingedrungen.
Der Wohnungseigentümer habe den Mangel sofort gerügt. «Er hat die Baufirma mehrmals um die Behebung des Mangels gebeten – allerdings erfolglos.» Mit der Zeit hat sich im Vorratsraum Schimmel gebildet. Schliesslich habe sein Klient den Mangel von einer anderen Firma beheben lassen und dafür 25 000 Franken bezahlt. Diesen Betrag verlangt der Anwalt für seinen Kläger nun zurück.
Der Anwalt der Baufirma bestreitet, dass diese je eine Mängelrüge des Klägers erhalten hat: «Wir haben nur E-Mails vom Kläger erhalten und darin steht nichts davon.» Sollte das Gericht dennoch davon ausgehen, dass eine Mängelrüge vorliege, wäre diese zu spät erfolgt. «Der Kläger hat seine Mängelrechte verwirkt und kann die Behebung der Mängel von der beklagten Baufirma nicht mehr verlangen.» Das Bauunternehmen habe den Mangel auch gar nicht zu verantworten: «Als neue Terrassenplatten verlegt wurden, versäumte es ein anderes Unternehmen, diese richtig abzudichten. Deshalb drang Wasser in den Vorratsraum ein.» Der Kläger müsse sich an diese Firma wenden, um seinen Schaden ersetzt zu erhalten, meint der Anwalt bestimmt.
«Der Mangel wurde sofort gerügt»
Damit ist der Vertreter des Wohnungseigentümers gar nicht einverstanden. «Die Aussage, dass die Baufirma die Mängelrüge meines Klienten nicht erhalten hat, ist lächerlich», sagt der Anwalt des Klägers. Das höre er heute zum ersten Mal. «Mein Klient hat den Mangel auch nicht zu spät gerügt. Er tat dies im Juni 2012, sofort nachdem er ihn entdeckt hatte.» Sogenannte verdeckte Mängel könnten im Gegensatz zu offenen Mängeln nicht bereits bei der Abnahme, sondern erst nach deren Entdeckung gerügt werden. Mit der Verlegung von Terrassenplatten habe der Wasserschaden nichts zu tun. «Diese wurden erst im Mai 2013 verlegt – ein knappes Jahr nach Entdeckung des Mangels.»
Der Anwalt des Beklagten hält an seinen Ausführungen fest und verlangt die Abweisung der Klage. Der Einzelrichter schickt die Parteien aus dem Saal.
Nach der Pause erklärt er ihnen seine Einschätzung der Rechtslage: Die Mängelrüge sei fristgerecht erfolgt. Deshalb solle das Bauunternehmen dem Kläger 20 000 Franken bezahlen. Nach einer kurzen Diskussion sind die Parteien mit dem Vorschlag einverstanden.
Kauf von Wohneigentum: So gehen Sie bei Mängeln vor
Entdecken Sie bei der Besichtigung Mängel, müssen Sie diese sofort dem Verkäufer mitteilen – am besten per Einschreiben. Als Mangel gilt alles, was vom Kaufvertrag oder von der Durchschnittsqualität abweicht.
Oft finden sich in Verträgen Formulierungen wie «Der Verkäufer tritt dem Käufer sämtliche von den Bauhandwerkern, Architekten, Ingenieuren und Lieferanten geleisteten Garantien ab». Das bedeutet: Der Käufer muss bei Mängeln oder Schäden selbst mit Handwerkern verhandeln. Das kann sehr anspruchsvoll sein. Eine solche Klausel sollten Sie deshalb streichen.
Tipp: Verlangen Sie, dass im Vertrag die SIA-Norm 118 zur Anwendung kommt. So können Sie während zwei Jahren Mängel jederzeit rügen und beim Architekten oder Generalunternehmen Nachbesserungen verlangen. Danach beginnt eine weitere Garantiefrist von drei Jahren für verdeckte Mängel zu laufen. Das sind Mängel, die bei der Bauabnahme nicht erkennbar waren.