Mitte Januar erfuhr die verwunderte Öffentlichkeit via «Sonntags-Zeitung», dass die SBB mit einer deutschen Firma einen Flugtaxibetrieb einführen wollen. Drohnenähnliche Fluggeräte sollen Passagiere dereinst direkt an Bahnhöfen abholen und an ihr Ziel bringen.
Der Tenor der Leserkommentare auf einen entsprechenden Bericht bei «20 Minuten» war eindeutig: «Die SBB sollen erst einmal ihre Hausaufgaben beim Service und dem Preis-Leistungs-Verhältnis machen, bevor sie eine weitere Baustelle öffnen.»
Es scheint, als versuchten die SBB, den schleichenden Abbau von Dienstleistungen wie zum Beispiel die Reinigung von Zügen mit hochtrabenden Angeboten zu kompensieren. Ein weiteres Beispiel ist das von SBB-Chef Andreas Meyer vor gut einem Jahr angekündigte Versprechen, «Zürich zum digitalsten Bahnhof der Welt» ausbauen zu wollen. Ziel ist es, bis zum 1. April 2019 «die Aufenthaltsqualität» im Zürcher Hauptbahnhof mit «digitalen und persönlichen Projekten» zu verbessern und das «Kundenerlebnis» zu steigern.
Zum Beispiel mit Mario, dem Automaten-Roboter. Die Maschine surrt testweise durch den Bahnhof und verkauft Pendlern Süssigkeiten. Dafür müssen diese in den Zügen seit über einem Jahr auf Minibars verzichten. Im Gegenzug versprachen die SBB im August 2018 in einer Pressemitteilung, die Speisewagenflotte aufzustocken – «von heute 107 auf 159 Fahrzeuge im Jahr 2021».
Fakt ist: Auf der Strecke Luzern–Zug–Zürich, die landesweit am drittmeisten Passagiere aufweist, gibt es heute weder das eine noch das andere.
Abfalleimer messen mit Sensoren den Füllstand
Eine weitere Innovation ist das «Smart Waste Management». Statt wieder in allen Zügen Abfalleimer an den Plätzen zu montieren, brüsten sich die SBB mit zwei «intelligenten Recycling-Stationen» am Zürcher Hauptbahnhof. Diese sollen dank Füllstand-Messsensoren die Abfallmenge in Echtzeit messen und so das «Abfallmanagementkonzept» und den «Ressourceneinsatz» optimieren. Für eine bessere «Aufenthaltsqualität» sollen auch entsprechende Sensoren in den «20 Minuten»-Zeitungsboxen sorgen.
«Intelligent» sind auch die neuen Schliessfächer. Nach einem Test in Zürich wurden sie auch in Basel, Bern und Genf installiert. Sie lassen sich «bequem via QR-Code» mit dem Handy schliessen und öffnen. Doch das kostet: Die Tarife stiegen auf das Dreifache an («K-Tipp» 1/2019). Seit Jahren schliessen die SBB Schalter – über 70 in den vergangenen zehn Jahren – und reduzieren an den verbliebenen Schaltern die Öffnungszeiten. Als Gegenleistung bekamen die Kunden «smarte Billettautomaten». Dort können sie zwar keine kompetenten Menschen um Rat bitten, dafür aber die umstrittene Kryptowährung Bitcoin und Geschenkkarten von iTunes, Google oder der Sony Playstation kaufen.
Wie viel die «digitalen und persönlichen Projekte» kosten, legt der Bundesbetrieb nicht offen. saldo wollte von den SBB wissen, ob das Unternehmen möglicherweise falsche Prioritäten setzt. Darauf entgegneten die SBB, es sei auch ihre Aufgabe, sich Überlegungen zur Mobilität der Zukunft zu machen. Dazu gehöre, digitale Innovationen zu beobachten und diese wo sinnvoll «als Ergänzung zum Bahnangebot ins System einzubinden».