Die SBB kauften neue Züge mit viel zu wenig Veloplätzen. Vergangenes Jahr zeigten sich die Folgen: Im Ferienmonat Juli konnten die SBB den Ansturm nicht mehr bewältigen. Die Bahn verkaufte rund 45 Prozent mehr Velotageskarten als im Jahr zuvor. Viele Reisende mit Velo mussten aussteigen und einen anderen Zug nehmen. Oder sie stellten ihr Velo in einen anderen Wagen und blockierten die Durchgänge.
In vielen Zügen gibts weniger als einen Veloplatz pro 100 Sitzplätze. In den neuen Doppelstock-Interregios gibt es bei 535 Sitzplätzen nur drei Veloplätze. Nicht viel besser ist das Platzangebot in den neuen Giruno-Zügen, die durch den Gotthard-Basistunnel fahren. Hier haben vier Velos Platz – bei 405 Sitzplätzen.
Viel mehr Veloplätze bei den Regionalbahnen
Dass es anders geht, zeigen Regionalbahnen wie etwa die Rhätische Bahn (RhB) oder die Südostbahn (SOB). In den neuen Zügen, die zum Beispiel auf der Albulastrecke von Chur nach St. Moritz fahren, gibt es zehnmal so viele Veloplätze wie bei den SBB. Hier kommt ein Velohaken auf 12 Sitzplätze. Und in den kupferfarbenen Traverso-Zügen der SOB gibt es immerhin einen Veloplatz pro 30 Passagiere. Die Traverso-Züge verkehren auf der Voralpenexpress-Strecke (St. Gallen–Rapperswil–Luzern) und auf der alten Gotthard-Bergstrecke.
Das knappe Platzangebot der SBB hat für die Reisenden Folgen: Velofahrer müssen ab dem 21. März in Intercity-Zügen von Freitag bis Sonntag einen Platz reservieren. Das kostet zwei Franken pro Fahrstrecke – zusätzlich zum Velobillett, das als Tageskarte 14 Franken oder im Jahresabo 240 Franken kostet.
Matthias Aebischer vom Verein Pro Velo kritisiert: «Die SBB beschränken den Zugang, statt die Velomitnahme zu vereinfachen. Reisen mit dem Velo wird teurer und komplizierter.» Wer keine Reservation gelöst hat, zahlt zehn Franken Zuschlag und muss sein Velo wegstellen, wenn ein Passagier mit Reservation einsteigt. In einer Erhebung des Verkehrsclubs der Schweiz lehnten zwei Drittel der Befragten den Reservationszwang ab.
Am Billettautomaten gibts die Veloreservation nicht
Besonders ärgerlich: Die Veloreservation muss für die Hin- und Rückfahrt separat gelöst werden. Wer für sich und eine zweite Person Billette löst, braucht also nicht weniger als acht Billette für einen Ausflug – zwei Retourbillette für die Reisenden, zwei Retourbillette für die Velos sowie vier separate Veloreservationen. Kaufen kann man die Reservation bis kurz vor der Abfahrt am Bahnschalter, in der SBB-App oder bis drei Werktage im Voraus bei der kostenpflichtigen SBB-Hotline – jedoch nicht am Billettautomaten.
Bei der Rhätischen Bahn und der Südostbahn braucht es keine Reservationen. Die RhB setzt auf beliebten Strecken separate Velowagen ein. Und wenn das nicht reicht, werden Velos auf der Strasse transportiert – ohne Aufpreis. Die SBB schreiben saldo, man wolle an Tagen mit grosser Nachfrage Waggons mit mehr Veloplätzen einsetzen.
Das Angebot für Velofahrer wurde in einem weiteren Punkt verschlechtert. Bisher kostete die Aufgabe von Velos am Gepäckschalter 18 Franken. Neu zahlt man für ein Velo 20 Franken und für ein E-Bike sogar 30 Franken.
Drei Tipps, die Ärger ersparen
Nicht zu Stosszeiten reisen. Montag bis Donnerstag statt Freitag bis Sonntag und mit Interregios (IR), Regioexpress-Zügen (RE) oder S-Bahnen (S) statt mit Intercitys. Besonders prekär sind bei schönem Wetter der Samstagmorgen und der Sonntagabend.
Das Velo nicht mitnehmen, sondern am Reiseziel mieten. Das ist zwar teurer – aber bequemer. Rent a Bike etwa bietet Velos an 20 grösseren Bahnhöfen sowie 110 weiteren Ausgabestellen in der ganzen Schweiz an (www.rentabike.ch). Reisende reservieren ein Velo telefonisch oder im Internet vor der Abfahrt und bezahlen die Miete bei der Abholung am Zielort. Kosten: 35 Franken pro Tag für ein Velo, 58 Franken für ein E-Bike.
SBB-Hauptstrecken meiden: bei schönem Wetter etwa Zürich–Bern, Zürich–Chur und Zürich–Bellinzona.