Am 6. Mai 2023 bricht in der peruanischen Goldmine Yanaquihua in der Nacht Feuer aus. Die Arbeiter müssten sofort evakuiert werden – doch das passiert nicht. Ein Schichtleiter gibt per Funk durch, das Feuer sei bereits unter Kontrolle. Doch in Wirklichkeit breitet es sich weiter aus. Als die Mineure die giftigen Gase bemerken, ist es zu spät: 27 von ihnen ersticken qualvoll.
So schilderte die regionale Minenbehörde die Todesnacht kurz nach dem Unfall. Eine bisher unveröffentlichte Untersuchung der peruanischen Staatsanwaltschaft bestätigt nun: In der Mine gab es gravierende Sicherheitsprobleme.
Mine gilt als Vorzeigebetrieb von «Swiss Better Gold»
Yanaquihua ist nicht irgendeine Mine. In der Schweiz wird sie als Vorbild für «sauber» abgebautes Gold dargestellt und ist der Vorzeigebetrieb der «Swiss Better Gold»-Initiative. Diese schreibt sich die Förderung von fair und umweltfreundlich gewonnenem Gold auf die Fahne. Dabei handelt es sich um ein Projekt des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Der Bund will damit der Golddrehscheibe Schweiz ein besseres Image verpassen. Schweizer Raffinerien verarbeiten bis zu zwei Drittel des weltweit geförderten Golds.
Regelmässig wird bekannt, dass es in Goldminen zu Kinder- und Zwangsarbeit kommt, zu schweren Vergiftungsfällen, Korruption und Umweltschäden. Deshalb gerät die Schweiz immer wieder in die Kritik.
Bund investiert gegen 20 Millionen Franken
Die «Swiss Better Gold»-Initiative des Bundes strebt an, gemeinsam mit Schweizer Banken, Uhrenmachern und Schmuckherstellern die Situation in den Minen zu verbessern. Die finanzielle Unterstützung geht an kleine Minen wie Yanaquihua. Denn im Kleinbergbau sind die Zustände besonders prekär. Er macht etwa 20 Prozent des gesamten Goldabbaus aus. Als Gegenleistung für das Fördergeld müssen die Minen unter anderem Vorschriften zur Arbeitssicherheit oder im Umgang mit der Umwelt beachten. Zudem müssen sie die Menschenrechte wahren und Mindestlöhne einhalten.
Die Initiative läuft seit 2013. Bis 2025 schiesst das Seco Steuergelder von insgesamt 18 Millionen Franken in das Programm ein. Für Edelmetall mit «Swiss Better Gold» zahlen Käufer einen Zuschlag: 1 Dollar pro Gramm. 75 Cents gehen an die Mine, 25 an die Swiss Better Gold Association. Banken wie die UBS oder Raiffeisen verkaufen Barren von «Swiss Better Gold». Ein grosser Teil davon geht an Schweizer Uhren- und Schmuckhersteller wie Chopard oder Breitling. Viele Firmen der Schweizer Luxusindustrie sind selbst Mitglied der Organisation.
Dominique Bumann von der Nichtregierungsorganisation «Koalition für Konzernverantwortung» kritisiert: Der Unfall zeige, dass der Rohstoffhandel gesetzlich geregelt werden müsse. «Das wäre auch für die Konsumenten besser», sagt Bumann. «So könnten sie sich darauf verlassen, dass sich alle Goldfirmen an Grundregeln halten.»
Die peruanische Staatsanwaltschaft stellte beim Unfall in der Mine Yanaquihua grobe Versäumnisse fest. So hätte auch in der Nacht ein Sicherheitsverantwortlicher vor Ort sein müssen. Einen Evakuierungsplan gab es nicht, und vorgeschriebene Notfallübungen hatten nicht stattgefunden. Zudem waren Fluchtwege nicht korrekt signalisiert, die Schutzräume hatten Mängel. Zünder und Sprengstoff, die hätten explodieren können, lagen herum. Eine Bewilligung für das explosive Material fehlte.
Gefährliche Zustände in der Mine waren bekannt
Laut Untersuchung hatten Arbeiter die Zustände in der Mine immer wieder kritisiert – ohne Erfolg, wie die Frau eines verstorbenen Mineurs der Staatsanwaltschaft sagte. «Wenn du nicht arbeiten willst, kannst du gehen», hätten die Chefs ihrem Mann gesagt. Die Verantwortlichen hätten das Risiko in Kauf genommen, dass Unfälle passieren, und «wissentlich» und «willentlich» mit dem Leben der Arbeiter gespielt. Die Staatsanwaltschaft wirft den Minenbetreibern schwere Gesetzesverstösse vor.
Die Swiss Better Gold Association sagt, sie wolle den Bericht der Staatsanwaltschaft nicht kommentieren. Die Untersuchung sei noch nicht abgeschlossen. Zudem seien die erhobenen Vorwürfe umstritten. Die Organisation hatte bereits den Bericht der lokalen Minenbehörde kurz nach dem Unfall in Zweifel gezogen. Das Seco äussert sich ähnlich. Für die Behörde ist der Fall aus einem weiteren Grund unangenehm. Denn das Schweizer Goldlabel hat ein grundsätzliches Problem, wie ein Zwischenbericht zum Projekt zeigt.
Bei den rund 30 Minen, die dazu zählen, fehle eine unabhängige Kontrolle der Sicherheits- oder Umweltstandards. Dazu schreibt das Seco, auf Empfehlung des Berichts habe man solche eingeführt. In der Mine Yanaquihua im Süden von Peru wird seit dem Unfall vom Mai 2023 weiterhin Gold abgebaut. Es gilt immer noch als «Swiss Better Gold».