Sie surfen schneller und günstiger»: Mit diesem Argument überredete ein Sunrise-Shop-Mitarbeiter die Baselbieterin Sandra Troxler (Name geändert) dazu, ihren Internetanschluss daheim zu Sunrise zu zügeln. Kurze Zeit später erhielt die Familie per Post das Gerät für den Anschluss, den sogenannten Router. Als Ehemann Heinz Troxler diesen zu Hause in Arlesheim BL installieren wollte, war er irritiert: Der Router liess sich nicht wie bisher mit dem Festnetz verbinden, sondern funktionierte über das Mobilfunknetz 5G. «Das störte mich massiv», sagt Troxler. «Ich möchte in der Wohnung Mobilfunkstrahlung vermeiden.»
Besonders unschön fand Troxler, dass er trotz des in der Wohnung vorhandenen Festnetzanschlusses von Sunrise eine 5G-Box erhielt. «Uns war im Laden nicht gesagt worden, dass das Abo auf Mobilfunk basiert.» Troxler kündigte das Abonnement. Heute surft die Familie wieder über einen strahlenfreien Festnetzanschluss.
Ausbau des Glasfasernetzes wird gebremst
Martin Forter, Geschäftsleiter der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AfU), kritisiert den Einsatz von 5G für das Heiminternet: «Die Folge ist, dass immer mehr strahlende Antennenmasten in Wohngebieten gebaut werden müssen, weil laufend mehr Daten angefordert werden.» Welche Auswirkungen die Strahlung auf die Gesundheit hat, ist umstritten. Fest steht: Sie erwärmt das Körpergewebe und verändert die Hirnströme. Und beides wird mit der Entwicklung von Krebs in Zusammenhang gebracht («K-Tipp» 17/2021). Forter findet es problematisch, dass «der notwendige Ausbau der nachhaltigen Glasfaserverkabelung durch gesundheits- und umweltschädliche Funktechnik gebremst wird». So verbraucht 5G beispielsweise mehr Strom als ein Festnetzanschluss.
Gemäss einer Studie des dänischen Unternehmens Eopitmo, das auf Energieanalysen spezialisiert ist, braucht eine 1-Gigabit-Glasfaserverbindung 85 Watt Strom, eine gleich schnelle Verbindung über 5G dagegen rund 1160 Watt – also rund 13 Mal mehr.
Glasfaser ist schneller als Mobilfunk
Vor allem Sunrise und Salt verkaufen Internetanschlüsse, die auf 5G-Mobilfunk basieren. Sie sagen, 5G komme bei neuen Internetbestellungen dann zum Einsatz, wenn Kunden so von höheren Geschwindigkeiten profitieren könnten als mit einem herkömmlichen Festnetzanschluss. Laut den Telekomfirmen sind bei 5G Geschwindigkeiten bis 1 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) möglich.
Bei einem Festnetzanschluss kann die Geschwindigkeit je nach Standort des Hauses deutlich tiefer liegen und beispielsweise auch weniger als 10 Megabit pro Sekunde betragen. Glasfaser dagegen sei mit bis zu 10 Gbit/s deutlich schneller. Bei diesen Angaben handelt es sich stets um von den Anbietern deklarierte Maximalwerte, die bei Messungen in der Praxis nicht erreicht werden.
Die Telekomfirmen setzen 5G deshalb nur dann ein, wenn kein schneller Glasfaseranschluss vorhanden ist. Wie viele Internetanschlüsse auf Mobilfunkbasis es gibt, wollen weder Sunrise noch Salt beziffern. Sunrise sagt nur, 70 bis 80 Prozent der Kunden würden über Glasfaser- oder Kabelinternet surfen.
Zum Vorwurf der fehlenden Information der Kunden sagt Sunrise-Sprecher Rolf Ziebold, 5G sei nur einer von acht Anschlusstypen bei Sunrise. Daher werde die Art der Technologie, also 5G, bei telefonischen Bestellungen nicht speziell erwähnt. Offenbar auch nicht in Shops, wie das Beispiel der Troxlers zeigt. Die Folge: Elektrosensible Kunden wie Heinz Troxler erhalten womöglich ein Produkt, das sie gar nicht benutzen wollen.
Bei der Internetbestellung gibt es sowohl bei Salt als auch bei Sunrise einen kleinen Hinweis auf 5G. Wer bei Sunrise im Bestellprozess seine Adresse eingibt, sieht bei der angegebenen Geschwindigkeit ein kleines 5G-Zeichen. Salt gibt bei der Bestellung an, ob man an seinem Wohnort «Salt Fiber» (Glasfaser) oder eine «Gigabox» (5G) erhält.
Swisscom: Auf Wunsch ein 5G-Booster
Die Swisscom ergänzt das Festnetz-Internet bei Verbindungsproblemen mit einer Art «Verstärker» über das Handynetz: einem 5G-Booster. Der Verstärker kostet einmalig 149 Franken. Er kommt nur dann zum Einsatz, wenn die Kunden ihn von sich aus bestellen. Der Booster wird an der Aussenseite eines Fensters montiert und mit dem Heimrouter per Kabel verbunden. So ist laut der Swisscom guter Empfang über das Mobilnetz möglich.